Hamburg, Trier (epd). Das Bistum Trier hat in der Vergangenheit Priester, die wegen Sexualstraftaten verurteilt waren, in der Krankenhausseelsorge eingesetzt. Nach Recherchen der „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“ (Donnerstag) gibt es vier Fälle, in denen wegen sexuellen Missbrauchs oder dem Besitz von Kinderpornografie verurteilte katholische Geistliche in Krankenhäusern arbeiten durften. In einigen Fällen habe es sich um Kliniken mit Kinderstation gehandelt, und die dortigen Verantwortlichen seien nicht über die Vergangenheit der Geistlichen informiert worden, hieß es.
Eine Bistumssprecherin erklärte auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd), „dass es bis vor einiger Zeit möglich war“, Priester in der Krankenhausseelsorge einzusetzen, gegen die es Vorwürfe oder Verurteilungen wegen des Besitzes von (Kinder-)Pornografie oder in Fällen beziehungsweise Verdachtsfällen sexualisierter Gewalt gegeben habe. Voraussetzung für den Einsatz in der Krankenhausseelsorge sei ein forensisches Gutachten mit einer entsprechenden Unbedenklichkeitserklärung oder Empfehlung gewesen.
Es habe zudem gegebenenfalls Auflagen gegeben, über die das Umfeld informiert gewesen sei und „deren Einhaltung im Rahmen der Möglichkeiten kontrolliert wurden“. „In wenigen Fällen gab es keine oder späte Informationen an das Umfeld, diese Fehler haben wir eingeräumt“, erklärte die Bistumssprecherin.
Bei zwei Fällen handelte es sich laut „Christ & Welt“-Recherchen um Priester aus dem Saarland, bei denen Ermittler 2007 jeweils über 100 Bilddateien sicherstellten und die wegen des Besitzes von Kinderpornografie 2008 und 2009 verurteilt wurden. Das Bistum habe sie wenige Monate nach ihrer Verurteilung in Kliniken eingesetzt, hieß es. Der eine habe im Jahr 2012 seinen Posten verloren, nachdem das Krankenhaus von der Verurteilung erfahren habe, der andere sei nach zehn Jahren als Klinikseelsorger 2021 in den Ruhestand geschickt worden.
Zudem habe ein Geistlicher, der Mitte der 1990er-Jahre zu einer Bewährungsstrafe wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden war, 15 Jahre in Kliniken gearbeitet. „Ein vierter 1994 wegen Missbrauchs von Kindern verurteilter Priester arbeitete als Hausgeistlicher in Krankenhäusern. 2012 zeigte er sich selbst an“, schrieb „Christ & Welt“.
Der Professor für forensische Psychiatrie und Psychotherapie, Jürgen Leo Müller, von der Universität Göttingen kritisierte das Verhalten des Bistums. Auch für Konsumenten von Kinderpornografie empfehle sich, sie nicht in Kontakt zu Kindern zu lassen, sagte er „Christ & Welt“. „Es geht darum, jede Versuchungssituation zu unterbinden.“
Die Bistumssprecherin teilte dem epd mit, dass sich aufgrund der Erkenntnisse aus der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt die Einschätzung der Verantwortlichen verändert habe und es mittlerweile keinen Einsatz mehr in der Krankenhausseelsorge gebe. „Ebenso sind keine Priester oder Diakone mit Auflagen wegen Verdachtsfällen sexualisierter Gewalt im aktiven Dienst“, betonte sie.
Am Donnerstag stellt die im Juni 2021 gestartete Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier einen ersten Zwischenbericht ihrer Arbeit vor.