Berlin (epd). Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) fordert angesichts des Fischsterbens den Stopp des Oder-Ausbaus. Die Umweltkatastrophe verdeutliche drastisch die Schutzbedürftigkeit besonders gefährdeter Gewässer, erklärte Lemke am Montag in Berlin. Der Ausbau der Oder „belastet dieses wertvolle Ökosystem zusätzlich“. Stattdessen forderte Lemke Renaturierungsmaßnahmen. Auch Kirchen diesseits und jenseits der Oder riefen zum Schutz des Flusses auf.
Deutschland und Polen hatten 2015 den Ausbau der Oder vereinbart. Ein Aktionsbündnis klagt gegen das Projekt, auf polnischer Seite wird jedoch bereits gebaut. Die rund 500 Kilometer lange Oder ist einer der letzten großen naturnahen Flüsse in Europa.
Die Kirchen in der brandenburgisch-polnischen Oder-Region erklärten am Montag, der Fluss sei ein gemeinsamer Naturschatz und ein kostbares Naturdenkmal in einem gemeinsamen Kulturraum und müsse geschützt werden. „Als Kirchen östlich und westlich der Oder vereint uns das Anliegen, dass alle erforderlichen Bemühungen zur Bewahrung der natürlichen Umwelt unternommen werden“, heißt es in der in Berlin verbreiteten Erklärung: „Wir wenden uns an alle Menschen guten Willens, um mit gemeinsamem Engagement die Wiederherstellung der Flora und Fauna in der Oder und in ihrem Naturraum zu ermöglichen.“
Es seien unaufhörliche Bemühungen zum Schutz der natürlichen Umwelt notwendig, heißt es in der kirchlichen Erklärung: „In diesen Tagen sind wir voller Trauer wegen des Massensterbens des Fischbestands in der Oder.“ Die Erklärung wurde vom Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, dem katholischen Berliner Erzbischof Heiner Koch, dem katholischen Bischof von Zielona Gora, Tadeusz Litynski, dem evangelischen Breslauer Bischof Waldemar Pytel und der evangelischen Görlitzer Generalsuperintendentin Theresa Rinecker unterzeichnet.
Die Suche nach dem Auslöser des massenhaften Fischsterbens dauert derweil an. Lemke teilte mit, „nach allem, was wir wissen, gab es einen menschengemachten Eintrag“. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte, es gebe mehrere organische und anorganische Substanzen, die dafür verantwortlich sein könnten. Er sprach von einem „Chemiecocktail“. Keine der verschiedenen Substanzen habe aber nach bisherigen Erkenntnissen alleine zum Fischsterben geführt. Es sei davon auszugehen, dass es sich um ein „multikausales Ereignis“ handeln könne.
Der Sprecher stellte zugleich klar, dass von keiner Seite und zu keiner Zeit in Deutschland behauptet worden sei, dass Pestizide alleine ursächlich für das Fischsterben gewesen seien. Das Fischsterben war in Brandenburg vor rund zwei Wochen aufgefallen, als erste tote Fische entdeckt wurden.