Nürnberg (epd). Kurz nach 14 Uhr war die festgeklebte Hand des Jesuitenpaters Jörg Alt wieder von der Straße gelöst und Polizeibeamte nahmen den Kirchenmann in Gewahrsam, um seine Personalien aufzunehmen. Dem Nürnberger Priester und den anderen Straßenblockierern, die am Dienstagmittag in Nürnberg für eine bessere Klimapolitik demonstrierten, drohen nun Anzeigen wegen Nötigung, wie Polizeisprecher Michael Konrad dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Der angestrebte Verkehrsstau war allerdings an dem recht ruhigen Ferientag in Nürnberg rasch abgeleitet.
Kurz vor zwölf Uhr hatten sich 15 Klimaaktivisten mit roten Warnwesten, darunter der Nürnberger Pater Jörg Alt, auf die Kreuzungen der beiden dreispurigen Fahrtrichtungen des Altstadtrings gesetzt. Andere Protestierer bauten ein Freizeit-Areal auf, in dem eine Pianistin Klavier spielte, andere machten es sich auf einer Picknickdecke bequem, Kletterer bestiegen Ampel- und Straßenbahnmasten. „Gegen eine Wirtschaft, die tötet“, ein Zitat von Papst Franziskus, stand auf einem Schild um den Hals des 90-jährigen Paters Joe Übelmesser, der durch die Inszenierung schlenderte.
Mit der Aktion wollten die Aktivisten für einen sozial-ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft eintreten, teilten sie mit. Die jüngsten Hitzewellen erzeugten Wasserknappheit und Waldbrände. Immer mehr Todesopfer seien die Folge und zeigten, dass der Zusammenbruch des Klimas auch Deutschland treffen werde. „Im Globalen Süden ist die Situation bereits jetzt dramatisch“, hieß es. Hitzewellen dauerten in Indien Wochen lang, Starkregen seien in Bangladesch flächendeckend. „Werden in Deutschland Lebensmittel teurer, werden sie in Afrika knapp“.
Die Demonstranten appellierten an die Gesellschaft und die Politik, die Warnungen der Wissenschaft vor der Erderwärmung ernst zu nehmen. „Die Bundesregierung ist meilenweit von einem Kurs entfernt, der dem wachsenden Klimanotfall gerecht wird“, heißt es in einer Erklärung, die 17 Organisationen und 30 Personen, darunter viele Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen, unterschrieben haben.
Zu der Aktion bekannten sich die „Letzte Generation“, „Extinction Rebellion“ und das „Ukama-Zentrum für Sozial-Ökologische Transformation“ der Jesuiten in Nürnberg. Man greife trotz Bedenken zum Mittel der Straßenblockade, weil Demonstrationen, Publikationen, Petitionen und Diskussionen in den vergangenen Jahren nicht zu „angemessenem Handeln geführt hätten“, hieß es. Die Erfahrung lehre ihn, „wenn ich zu nett bin, werde ich ignoriert“, sagte Pater Alt.
„Wenn die Politik uns in einen Kollaps führt, begeht sie den Rechtsbruch und nicht wir“, sagte der Mitinitiator der „Letzten Generation“, Henning Jeschke (22). Man wolle die Regierung in der Klimakatastrophe an ihre moralische Verantwortung den Menschen gegenüber erinnern. Für schnelle Profite werde die Zukunft zerstört, sagte Florian Henig von „Extinction Rebellion“, einer internationalen Gruppe für Klimagerechtigkeit.