Berlin (epd). Das vor vier Jahren eingeführte Kontingent für den Familiennachzug zu in Deutschland lebenden Flüchtlingen mit untergeordnetem Schutzstatus wird weiterhin nicht ausgeschöpft. Wie der Evangelische Pressedienst (epd) aus dem Auswärtigen Amt erfuhr, haben deutsche Auslandsvertretungen im ersten Halbjahr 2022 insgesamt 4.232 Visa für Familienangehörige ausgestellt. Damit ist die Zahl der erteilten Visa im Durchschnitt zwar wieder gestiegen. Sie bleibt aber weiter hinter den 1.000 pro Monat möglichen Nachzügen zurück.
Nach der großen Fluchtbewegung wurde 2016 für Flüchtlinge mit sogenanntem subsidiären Schutz das Recht, die engsten Familienangehörigen nach Deutschland nachzuholen, ausgesetzt. Die damalige Bundesregierung wollte damit den Zuzug Asylsuchender reduzieren. Anders als Flüchtlinge, die einen Schutzstatus nach Genfer Flüchtlingskonvention oder Grundgesetz erhalten haben, hatten sie damit keinen Rechtsanspruch mehr auf den Nachzug von Ehegatten, Kindern oder - im Fall minderjähriger Kinder - der Eltern. Betroffen sind davon insbesondere syrische Kriegsflüchtlinge.
2018 legte die Bundesregierung dann ein Kontingent auf, um maximal 1.000 Angehörigen dieser Flüchtlinge pro Monat den Nachzug zu ermöglichen, pro Jahr also insgesamt 12.000. Die Plätze wurden von Beginn an nicht komplett ausgeschöpft. Anfangs lag es am schleppenden Start des Verfahrens, in das sowohl Auslandsvertretungen als auch Behörden im Inland involviert sind. Während der Corona-Pandemie ab 2020 hätten Visastellen aufgrund der hohen Infektionszahlen und der pandemiebedingten Einschränkungen des öffentlichen Lebens in den Gastländern nur erheblich eingeschränkt oder im Notbetrieb arbeiten können, hieß es später aus dem Ministerium.
Einzig im Jahr 2019 wurde das Kontingent mit 11.133 erteilten Visa nahezu ausgeschöpft. In den Folgejahren wurden nur jeweils rund halb so viele Visa ausgestellt. Seit dem Start des Kontingents am 1. August 2018 bis Ende Juni dieses Jahres wurde den Angaben zufolge insgesamt 29.215 Angehörigen der Nachzug zu in Deutschland lebenden Flüchtlingen mit untergeordnetem Schutz ermöglicht. 47.000 Nachzüge hätte die Regelung theoretisch erlaubt.