Mainz (epd). Das rheinland-pfälzische Landeskriminalamt (LKA) hat nach eigenen Angaben keine Hinweise darauf, dass sich der frühere Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), während der Flutnacht im Ahrtal am Kampf gegen die Katastrophe beteiligt hat. Durch die Auswertung von Verbindungsdaten und Zeugenaussagen ergebe sich der Eindruck, der Politiker habe sich in der Nacht des 14. Juli 2021 selbst in Sicherheit gebracht und außerdem einige Nachbarn gewarnt, sagte ein Ermittler am Freitag im Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags. Es gebe aber keinerlei Hinweise darauf, dass Pföhler „proaktiv“ in das Geschehen eingegriffen habe.
Am Abend der Flut und in der Nacht habe sich der Landrat vermutlich nur zu zwei Terminen kurz in der Kreisverwaltung aufgehalten, berichtete der Beamte. Am frühen Abend gab er noch eine Presseerklärung des Kreises frei, in der vor Sturzfluten gewarnt wurde. Wo Pföhler die restliche Zeit verbrachte, ist bislang nicht geklärt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Der Ex-Landrat selbst war für den späten Nachmittag in den Ausschuss vorgeladen worden, als Beschuldigter hat er jedoch ein Aussageverweigerungsrecht. Auf dieses Recht berief sich am Freitagvormittag auch seine Ehefrau.
Eine weitere Bekannte, mit der der Landrat nach Auswertung der Verbindungsdaten in der Katastrophennacht in engem Austausch stand und die deshalb ebenfalls in den Ausschuss geladen wurde, hatte sich krankgemeldet. Wie die „Rheinpfalz“ unter Berufung auf staatsanwaltschaftliche Unterlagen berichtete, soll sie eine „romantische Beziehung“ zu dem Politiker unterhalten. Pföhler schrieb ihr in der Flutnacht dramatische Mitteilungen von Toten und von Menschen, die sich auf Dächer geflüchtet hätten: „Unser Haus ist geflutet. Ich bin am Ende.“
Am Abend der Flut habe Pföhler offenbar zunächst nicht einmal versucht, Kontakt zu den Verbandsgemeinden am Oberlauf der Ahr aufzunehmen, in denen sich zu diesem Zeitpunkt bereits dramatische Szenen abspielten, berichtete der LKA-Beamte. Nachbarinnen des Landrats bestätigten im Ausschuss, dass sie am Abend vom Landrat persönlich aufgefordert wurden, ihre Häuser zu verlassen - zeitlich über eine Stunde, bevor eine allgemeine Anordnung zur Evakuierung in Flussnähe veröffentlicht wurde. Im Laufe des späten Abends habe es dann zahlreiche Versuche des Landrats gegeben, verschiedene Personen telefonisch zu erreichen, was zumeist nicht mehr gelungen sei.
Der Landkreis Ahrweiler ließ in der Nacht den Katastrophenfall erst kurz vor Mitternacht ausrufen. Zu diesem Zeitpunkt waren zahlreiche Ortschaften bereits komplett überflutet, Straßen dorthin unterbrochen und das Telefonnetz weitgehend zusammengebrochen. Die meisten der insgesamt 134 Todesopfer forderte die Flut jedoch am Unterlauf der Ahr in der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler und in Sinzig vor der Mündung der Ahr in den Rhein.