München (epd). Am Landgericht Traunstein ist laut einer Recherche von Correctiv, der Wochenzeitung „Die Zeit“ und des Bayerischen Rundfunks (BR) Klage gegen den emeritierten Papst Benedikt XVI. eingereicht worden. Demnach muss sich der 95-Jährige womöglich vor einem weltlichen Gericht wegen des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche mitverantworten, meldete der BR am Mittwoch. Eingereicht habe die Klage der Anwalt eines Missbrauchsopfers aus Bayern.
Die Klage richte sich gegen den Priester Peter H., der auch im Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising vom Januar 2022 eine zentrale Rolle spielt, sowie Kardinal Friedrich Wetter, die Erzdiözese an sich - vertreten durch den seit Januar 2020 amtierenden Generalvikar Christoph Klingan - und eben Benedikt XVI. In den 1990er Jahren soll Peter H. in der Erzdiözese München mehrere Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht haben, unter ihnen auch den Kläger.
Ob der emeritierte Papst und früherer Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger für die Übergriffe belangt werden kann, ist umstritten. Experten räumen der Klage dem Medienbericht zufolge Chancen ein, wenn die Kirche darauf verzichtet, sich auf Verjährung zu berufen, wie sie es bereits in den innerkirchlichen Verfahren getan hatte. Der frühere Münchner Erzbischof Kardinal Wetter habe angekündigt, keinen Antrag auf Verjährung stellen zu wollen, hieß es. Das Erzbistum München und Freising habe sich zu den Recherchen nicht offiziell äußern wollen.
Die Münchner Kanzlei WSW hatte im Januar ein im Auftrag des Erzbistums München und Freising erstelltes Gutachten vorgestellt. Demnach gibt es in der Zeit zwischen 1945 und 2019 Hinweise auf mindestens 497 Betroffene sexualisierter Gewalt im Erzbistum. Dem emeritierten Papst Benedikt XVI. wird vorgeworfen, als Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger (1977-1982) in vier Fällen nicht ausreichend gegen Missbrauchstäter vorgegangen zu sein.