Frankfurt a.M. (epd). Mit fast 500 aus Seenot geretteten Menschen an Bord hat die „Sea-Eye 4“ am Donnerstag auf die Zuweisung eines Hafens in Europa gewartet. Die Mannschaft des Rettungsschiffes hatte nach Angaben der Regensburger Organisation Sea-Eye in drei Einsätzen seit Mittwoch mehr als 350 Männer, Frauen und Kinder in Sicherheit gebracht, bereits am Montag waren weitere 63 Flüchtlinge und Migranten gerettet worden.
Bei der letzten Rettung in der Nacht zum Donnerstag habe die Crew der „Sea-Eye“ ein schweres Unglück noch verhindern können, erklärte die Organisation Sea-Eye. „Die Menschen hatten großes Glück, dass die 'Sea-Eye 4' zum Zeitpunkt des Notrufs weniger als drei Stunden entfernt war und dass sie bei Nacht noch rechtzeitig gefunden worden sind“, sagte Vorsitzender Gorden Isler.
Bereits im ersten Notruf habe die Organisation Alarm Phone den Behörden berichtet, dass das Schlauchboot beschädigt sei, Wasser eindringe und die Menschen um Hilfe riefen. „Von staatlichen Akteuren gab es erneut keine Reaktionen.“ Als die „Sea-Eye 4“ den Unglücksort erreicht habe, sei in den Schläuchen kaum noch Luft gewesen. Sehr viele der Geretteten hätten Verätzungen erlitten, weil bei der Vermischung von auslaufendem Kraftstoff mit Meerwasser ein stark ätzendes Gemisch entstehe.
Zu einem weiteren Seenotfall kam laut Sea-Eye am Mittwoch das spanische Rettungsschiff „Aita Mari“: Mehr als 100 Menschen hätten sich dort in einem überfüllten Schlauchboot auf der Flucht befunden. Der Einsatz der Retter sei von der libyschen Küstenwache gestört worden. 17 Menschen, die ins Wasser gesprungen seien, seien dann von der Crew der „Aita Mari“ gerettet worden. Die auf dem Schlauchboot verbliebenen Menschen seien von der libyschen Küstenwache auf deren Schiff gezwungen und gegen ihren Willen zurück nach Libyen gebracht worden.
„Heute mussten wir erneut beobachten, wie gefährlich die sogenannte libysche Küstenwache agiert. Von den EU-Staaten finanziert, verschleppt die sogenannte libysche Küstenwache flüchtende Menschen in ein Bürgerkriegsland, wo sie schwersten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind“, erklärte Isler.
Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten der Welt. Vor allem aus Libyen, wo Flüchtlingen und Migranten Folter und anderen Menschenrechtsverletzungen drohen, wagen viele Schutzsuchende die Überfahrt. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind seit Beginn dieses Jahres bislang 818 Menschen bei der Überfahrt ums Leben gekommen oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.