Dessau-Roßlau (epd). Das Umweltbundesamt hat eine Mehrwertsteuer-Reform gefordert, die Bürger und Gesundheitssystem entlastet sowie klimaschädliche Subventionen abbaut. Der Präsident der Behörde, Dirk Messner, sprach sich am Donnerstag in Dessau-Roßlau für eine Abschaffung der Steuer bei pflanzlichen Lebensmitteln aus. Dies käme vor allem Familien mit geringen Einkommen zugute. Nötig sei ein „schlankes Steuersystem mit einer klaren Ausrichtung“, sagte er bei der Vorstellung von Vorschlägen des Umweltbundesamts für eine umfassende Reform der Mehrwertsteuer.
Umweltbelange würden bei der Ausgestaltung der Steuer bisher nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt, kritisierte das Umweltbundesamt. Einige Regelungen förderten gar umweltschädliches Konsumverhalten. Die im April 2022 veränderte EU-Richtlinie zur Mehrwertsteuer müsse daher für Reformen genutzt werden.
Mit Änderungen der geltenden Steuersätze könnten Anreize für einen umweltfreundlicheren Konsum geschaffen werden, der auch soziale und gesundheitspolitische Aspekte berücksichtigt, hieß es. Fleisch und andere tierische Lebensmittel unterlägen trotz der erheblich größeren Umwelt- und Klimabelastung im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln dem ermäßigten Satz, kritisierte das Umweltbundesamt. Pflanzenbasierte Milch- und Fleischersatzprodukte seien dagegen mit dem vollen Steuersatz belegt, obwohl deren negative Umweltwirkungen deutlich geringer seien.
Konkret forderte das Umweltbundesamt, den Mehrwertsteuersatz auf pflanzliche Lebensmittel auf null Prozent zu senken. Pflanzenbasierte Milch- und Fleischersatzprodukte sollten dagegen mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent besteuert werden. Diese Maßnahme würde Bürgerinnen und Bürger um vier Milliarden Euro entlasten, betonte der Präsident des Umweltbundesamts.
Langfristig müssten demnach im Gegenzug tierische Lebensmittel mit dem Regelsatz von 19 Prozent besteuert werden, so die Behörde. Daraus resultierende zusätzliche Einnahmen in Höhe von sechs Milliarden Euro dienten auch der Kompensation der Einnahmeausfälle. Dies sei derzeit allerdings wegen gestiegener Preise infolge des Ukraine-Kriegs nicht möglich, betonte Messner. Bereits in dieser Legislaturperiode könne jedoch die Hälfte der 65 Milliarden Euro umfassenden umweltschädlichen Subventionen abgebaut werden.
Weitere Mehrwertsteuersenkungen forderte die Behörde für den öffentlichen Nahverkehr, Reparaturleistungen, Solaranlagen und energetische Sanierungen von Gebäuden. Der Verkehr sei für 20 Prozent der Treibhausgase verantwortlich, sagte Messner.
Insbesondere im öffentlichen Nahverkehr stiegen die Preise den Angaben zufolge rascher als bei der PKW-Nutzung. Öffentliche Verkehrsmittel müssten durch eine Senkung der Mehrwertsteuer von sieben auf null Prozent und einen Ausbau der Infrastruktur attraktiver gemacht werden. Durch höhere Mehrwertsteuer bei umweltschädlichen Produkten und Dienstleistungen bei gleichzeitig niedrigeren Sätzen für klimafreundlichen und gesünderen Konsum könnten die Bürger demnach um insgesamt sechs Milliarden Euro entlastet werden.