Stuttgart (epd). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Deutschen für ihre Hilfsbereitschaft bei der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge gedankt. „Deutschland und seine Bürger machen das ganz gut“, sagte Scholz am Freitag unter großem Applaus auf dem 102. Deutschen Katholikentag in Stuttgart. Die deutsche Gesellschaft zeige, zu welcher Solidarität sie fähig sei, sagte Scholz mit Blick auf fast 800.000 registrierte ukrainische Flüchtlinge in der Bundesrepublik.
Zeitenwende sei das passende Wort für die Gegenwart, fügte Scholz hinzu. Der Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine richte sich gegen die bisherige Friedensordnung. Er wolle zurück zu einer Welt, in der der Stärkere den Schwächeren regiert. Scholz: „Putin darf mit seinem zynischen, menschenverachtenden Krieg nicht durchkommen.“
Es dürften keine Grenzen verschoben werden, sagte Scholz. Wo käme man hin, wenn jetzt alle in den Geschichtsbüchern schauen würden, wer irgendwann wo gelebt habe, fragte der Bundeskanzler.
Scholz verteidigte die Sanktionen gegen Russland und die Waffenlieferungen an die Ukraine. Er wisse, dass dies Fragen aufwirft. „Darf Gewalt mit Gewalt bekämpft werden?“ Lasse sich Frieden nur ohne Waffen schaffen? Dies müsse diskutiert werden und man müsse anderen Ansichten mit Respekt begegnen.
Die Bundesregierung habe sich entschieden, den Opfern des Krieges in der Ukraine beizuspringen, fügte Scholz hinzu. Frieden entstehe nicht durch gewaltsame Unterwerfung: „Gerechtigkeit ist die Voraussetzung für den Frieden.“ Scholz kündigte auch eine Erhöhung der militärischen Verteidigungsbereitschaft Deutschlands an.
Scholz warnte zugleich vor einem Auseinanderdriften der Gesellschaft. Wenn zu viele Menschen keine Hoffnung auf eine gute Zukunft hätten, dann „geht es schief.“ Die Veranstaltung wurde durch Zwischenrufe gestört, auf die Scholz kurz einging.
Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK), bat den Bundeskanzler, dass nicht nur in den Verteidigungshaushalt investiert werde, sondern auch in den entwicklungspolitischen Haushalt. Dieser brauche auch „Nahrung“.
Eine Herausforderung für die Gesellschaft sei, dass möglichst keine und keiner abgehängt werde, wenn es beispielsweise um Wohnraum und Energiepreise gehe, sagte Stetter-Karp. „Wir sind an Ihrer Seite, wenn es darum geht, Menschen nicht hängenzulassen“, sagte sie an Scholz gerichtet.
Das katholische Christentreffen in der baden-württembergischen Landeshauptstadt geht am Sonntag zu Ende. Laut Veranstaltern nehmen daran rund 25.000 angemeldete Besucher teil. In rund 1.500 Veranstaltungen geht es auf dem Katholikentag neben Klimagerechtigkeit, Flucht und Migration auch um Kirchenreformen und Bildung.