Bremen (epd). Die Bundesärztekammer fordert eine deutliche Aufstockung der Medizinstudienplätze in Deutschland. In den Bundesländern müssten umgehend rund 6.000 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden, sagte Vizepräsidentin Ellen Lundershausen am Mittwoch am Rande des Deutschen Ärztetages in Bremen. Schon aufgrund einer alternden Bevölkerung steige der Bedarf an medizinischer Versorgung. Doch statt einer Ausweitung sei die Zahl der Studienplätze gesunken, von 16.000 nach der Wiedervereinigung auf aktuell etwa 11.000.
Die Zeit dränge, betonte Lundershausen. Wer jetzt sein Studium anfange, komme erst in 12 bis 15 Jahren in der Versorgung an. Die Vizepräsidentin räumte ein, dass die Studienplätze teuer seien. Aber wenn der Staat an dieser Stelle nicht mehr investiere, müsse er den Patienten auch erklären, dass die heute gute bis sehr gute Versorgung 2040 nicht mehr so sein werde.
Bei der Eröffnung des Treffens in Bremen hatte Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt gesagt, bei der Zahl der Ärztinnen und Ärzte sei derzeit zwar ein leichtes Wachstum zu verzeichnen. Dieser Zuwachs reiche aber bei Weitem nicht aus, denn nicht nur die Gesellschaft werde älter, sondern auch die Ärzteschaft. So stehe jeder fünfte Arzt unmittelbar vor dem Ruhestand: „Mehr als 13 Prozent der Ärztinnen und Ärzte gehören der Altersgruppe der 60- bis 65-Jährigen an. Über acht Prozent der beruflich aktiven Ärztinnen und Ärzte haben das 65. Lebensjahr bereits überschritten.“
Auch der Wunsch nach einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ein Trend zu mehr Teilzeitarbeit in der Ärzteschaft spielten eine Rolle. „Dadurch sind mehr Ärztinnen und Ärzte als früher nötig, um frei werdende Stellen nachzubesetzen und die Zahl der zur Verfügung stehenden Arztstunden konstant zu halten - und das bei steigender Behandlungsintensität“, ergänzte Reinhardt.
Begrüßt hat der Ärztetag, der noch bis Freitag in Bremen tagt, die von der Bundesregierung angestrebte Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen. Der Rechtszustand sei für Ärztinnen und Ärzte unhaltbar, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung. Außerdem habe die Regelung in der Vergangenheit dazu beigetragen, dass betroffenen Frauen der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch trotz bescheinigter Indikation nach Paragraf 218 StGB erschwert worden sei.
Der Gesetzentwurf der Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen sieht die Aufhebung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch vor, der aktuell die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus wirtschaftlichen Interessen und in „grob anstößiger Weise“ verbietet. In der Vergangenheit führte die Regelung zu Verurteilungen von Ärztinnen und Ärzten, die auf ihrer Internetseite darüber informierten, dass sie Abtreibungen vornehmen, und dabei ihre Methoden beschrieben. Die bekannteste ist die Gießener Ärztin Kristina Hänel. Sie war zu einer Geldstrafe verurteilt worden und zog dagegen bis vor das Bundesverfassungsgericht.