Bremen (epd). Zum Auftakt des Deutschen Ärztetages in Bremen haben Mediziner ein konsequentes Handeln im Blick auf eine mögliche neue Corona-Welle im Herbst angemahnt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte am Dienstag, es sei notwendig, gut vorbereitet zu sein. „Die Pandemie ist leider nicht vorbei - wir werden im Herbst mit mehr Infektionen und neuen Varianten rechnen müssen“, betonte der Minister bei der Eröffnung. Alles andere „wäre eine kollektive Dummheit und ein Skandal“.
So werde ein neues Infektionsschutzgesetz benötigt, das sich nicht allein auf eine Maskenpflicht in Innenräumen beschränke, erläuterte Lauterbach. Sein Ministerium bereite eine neue Impf-, Test- und Behandlungsstrategie vor. Lauterbach stellte sich uneingeschränkt hinter die aktualisierte Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) zu Corona-Impfungen bei Kindern. Die Stiko empfiehlt die Impfung nun auch für Kinder ab fünf Jahren ohne Vorerkrankungen.
Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, forderte ein vorausschauendes Pandemie-Management. „Wir alle gehen davon aus, dass die Infektionszahlen im Herbst aller Voraussicht nach wieder steigen werden“, sagte er. Deshalb würden zielgruppengerechte Informationskampagnen für eine höhere Durchimpfungsrate benötigt sowie Hygienekonzepte und Notfallpläne, um für eine neue Virusvariante gewappnet zu sein. Zudem müssten ausreichend Therapie-Möglichkeiten zur Verfügung stehen.
Überdies müssten Strategien entwickelt werden, damit Kitas und Schulen offengehalten werden könnten. Die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen seien gerade im ersten Pandemiejahr kaum beachtet worden, sagte Reinhardt. „Heute wissen wir, welche enormen Schäden die Schul- und Kita-Schließungen bei Kindern und Jugendlichen angerichtet haben.“ Viele hätten Bildungsdefizite hinnehmen und wichtige Entwicklungsphasen ihres Lebens in sozialer Isolation verbringen müssen. Die Folgen seien Zukunftsängste, erhöhter Leistungsdruck, Vereinsamung, familiäre Spannungen, Konflikte und häusliche Gewalt.
Gesundheitsminister Lauterbach forderte kostenlose Angebote für Schülerinnen und Schüler, die unter den Schließungen gelitten hätten. Das Spektrum könne dabei von Nachhilfe bis zu psychosozialer Unterstützung reichen. „Wir müssen alles vorbereiten, damit wir Schulschließungen auf jeden Fall verhindern“, betonte der Minister.
Bis zum Freitag diskutieren die Delegierten des Deutschen Ärztetages über aktuelle Entwicklungen im Gesundheitswesen. Neben den psychosozialen Auswirkungen der Pandemie auf Kinder und Jugendliche gehören auch der Fachkräftemangel in der Medizin sowie die zunehmende Kommerzialisierung im Gesundheitswesen zu den Schwerpunktthemen. Der Ärztetag wird auch als „Parlament der Ärzteschaft“ bezeichnet. Die 17 deutschen Ärztekammern entsenden insgesamt 250 Abgeordnete.