Freispruch für den evangelischen Pastor Olaf Latzel: Das Bremer Landgericht sieht den Vorwurf der Volksverhetzung bei den homosexuellen-feindlichen Äußerungen des evangelikalen Theologen nicht erfüllt und kippte am Freitag das erstinstanzliche Urteil gegen den 54-Jährigen. Latzel habe nicht vorsätzlich gehandelt, als er sich bei einer Veranstaltung in seiner Bremer Kirchengemeinde abwertend über Homosexualität äußerte. Zum Hass habe er nicht aufgestachelt, sagte der Vorsitzende Richter Hendrik Göhner in seiner Urteilsbegründung. Innerhalb der evangelischen Kirche rief der Freispruch Bedauern hervor.
Das Gericht folgte damit dem Plädoyer der Verteidigung, für die Latzels Äußerungen von der Religions- und Meinungsfreiheit gedeckt waren. Der Vorsitzende Richter sah es nicht als erwiesen an, dass sich der 54-jährige, streng konservative Pastor der Bremer St.-Martini-Gemeinde in einem auf Youtube veröffentlichten Eheseminar homosexuellenfeindlich und volksverhetzend geäußert hat. Er habe von der Bibel her argumentiert, schloss sich Göhner der Einschätzung des Wiener katholischen Bibelwissenschaftlers Ludger Schwienhorst-Schönberger an, der im Verfahren als Sachverständiger ausgesagt hatte.
Urteil noch nicht rechtskräftig
In gesellschaftlicher Hinsicht allerdings, ergänzte Göhner am Ende seiner 25-minütigen Begründung, seien seine Äußerungen "mehr als befremdlich". Sie leisteten keinen Beitrag für ein Klima, "in dem alle Menschen gut miteinander auskommen". Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft, die eine Bestätigung der Verurteilung Latzels im ersten Prozess gefordert hatte, kann noch Revision einlegen. Das werde nun geprüft, wie die Staatsanwaltschaft dem Evangelischen Pressedienst (epd) mitteilte. Vor dem Bremer Landgericht demonstrierten etwa 50 Anhänger der queeren Community gegen den Freispruch.
Latzels Äußerungen entsprächen nicht dem christlichen Welt- und Menschenbild, sagte der Oldenburger evangelische Bischof Thomas Adomeit dem epd. "Es entspricht nicht dem, was wir von der Kanzel verkündigen." Das Neue Testament kenne zwar die auf Dauer angelegte gleichgeschlechtliche Liebe nicht. "Doch davon abzuleiten, sie sei nicht schriftgemäß, halte ich für unangemessen."
Freispruch ist "eine Katastrophe"
Wolfgang Buchmeier vom Vorstand der Ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche nannte den Freispruch "eine Katastrophe". Natürlich habe Latzel zum Hass gegen Homosexuelle angestachelt, auch wenn dies mit juristischen Kategorien vielleicht nicht greifbar sei. "Für mich bleibt Latzel ein Hassprediger. Jemand, der so auftritt, weiß nichts von der Liebe Gottes", sagte der Religionslehrer dem epd. Er kaschiere mit Bibelzitaten seine persönliche Ablehnung von Homosexualität.
Der Fall Latzel reicht bis ins Jahr 2019 zurück. Damals hatte der Theologe in einer "biblischen Fahrschule zur Ehe" vor 30 Paaren unter anderem gesagt, Homosexualität sei eine "Degenerationsform von Gesellschaft". Der Theologe warnte vor einer "Homolobby": "Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day. Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist teuflisch und satanisch." Eine Tonaufnahme davon war später mit Zustimmung des Pastors auf dem YouTube-Kanal des Theologen veröffentlicht worden. Das Amtsgericht der Hansestadt hatte Latzel im November 2020 zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, umgewandelt zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 90 Euro.
Dagegen hatte sich Latzel mit der Berufung gewehrt und betont, er habe sich gegen Homosexualität und Gender-Mainstreaming gestellt, nicht aber gegen homosexuelle Menschen. Er sehe sich an das Wort Gottes gebunden, das Homosexualität verurteile. Mehrfach hatte er sich für missverständliche Äußerungen entschuldigt.
Unklar ist, wie ein Disziplinarverfahren ausgeht, das die Bremische Evangelische Kirche gegen Latzel angestrengt hat und das unabhängig vom Urteil läuft. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichtes ruht das Verfahren.