Erfurt (epd). Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) tritt für die Genehmigung von Waffenlieferungen an die ukrainische Regierung in jedem notwendigen Umfang ein. Das Völkerrecht räume einem Staat, wenn er von einem anderen Staat angegriffen werde, das Recht auf Selbstverteidigung ein, sagte Ramelow dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Erfurt. Deshalb dürfe sich die Ukraine auch schwere Waffen im Ausland besorgen. Deutsche Unternehmen sollten dem Thüringer Regierungschef zufolge diese Waffen auch liefern dürfen.
Ramelow nimmt dabei die Möglichkeit in Kauf, dass deutsche Waffen von der Ukraine auch dafür eingesetzt werden könnten, russisches Staatsgebiet anzugreifen. Die militärische Infrastruktur, die die Ukraine auf russischem Boden offensichtlich jetzt angreife, werde gerade dazu benutzt, die Ukraine zu zerstören, sagte er. Das Völkerrecht mache keine Unterschiede, aus welchem Land die Waffen stammen, mit denen man sich verteidige.
Gründe aus der deutschen Geschichte, die dieser Position entgegenstehen, sieht Ramelow nicht. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass nicht nur Russen, sondern „auch Hunderttausende Ukrainer von Deutschen während des Zweiten Weltkriegs erschossen, verbrannt und umgebracht worden sind“, sagte er.
Zugleich plädierte Ramelow für einen raschen Beitritt der Ukraine in die Europäische Union. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe der Ukraine eine klare Beitrittsperspektive aufgezeigt, betonte er. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe angekündigt, hierfür schnell die Voraussetzungen zu schaffen.
Ramelow betonte, dass ein EU-Beitritt die Annahme der europäischen Grundrechte-Charta einschließe. Diese garantiere allen Menschen, ihre Religion zu leben, ihre Sprache zu sprechen und in ihrer Unterschiedlichkeit sein zu können, wie sie sind. So ließen sich die unterschiedlichen Siedlungsräume in der Ukraine unter einem nationalen Dach vereinen.
Ramelow sagte, für die Zeit nach einem Abzug der russischen Armee aus der Ukraine heiße das ganz konkret, wer sich in die EU begebe, begebe sich zugleich in den Schutz der Beistandsverpflichtungen der Europäischen Union. „Die EU ist kein Militärbündnis, aber auch in der Beistandsverpflichtung sehr robust wirksam“, sagte er.
Der EU-Beitritt der Ukraine wäre damit der zentrale Teil des diskutierten Sicherheitsversprechens, auch ohne in der Nato zu sein. Diese zu entwickelnde Friedens- und Vertragsstrategie könne genauso Serbien, Moldau oder auch Nordmazedonien angeboten werden, sagte Ramelow.