Singen, Mannheim (epd). Vor dem Amtsgericht Singen beginnt an diesem Donnerstag die Verhandlung gegen zwei Polizisten, die im Februar 2021 einen elfjährigen Sinto in Handschellen auf die Polizeiwache gebracht haben sollen. Den Beamten werde „Freiheitsberaubung und Nötigung“ vorgeworfen, sagte die Verwaltungsleiterin des Amtsgerichts, Gabriele Volk, am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). In dem Verfahren (Az: 50 Cs30 Js 4051/21) sei ein zweiter Verhandlungstag für den 12. Mai anberaumt, an dem auch ein Urteil erwartet werde.
Der Rechtsanwalt der Familie des Jungen, Engin Sanl?, erklärte, Kinder dürften von polizeilicher Gewalt nicht berührt werden. Der Prozess spiele eine wichtige Rolle für die Aufarbeitung der polizeilicher Behandlung von Kindern, die einer Minderheit angehören, sagte Sanli laut einer Mitteilung des baden-württembergischen Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma. Für die Tat habe es noch keine Entschuldigung gegeben, kritisierte er.
Am 6. Februar 2021 hatten vier Polizisten in Singen spielende Kinder vor einem Wohnhaus kontrolliert. Dabei sollen sie den elfjährigen Jungen sinngemäß mit Worten wie „Einer von den Zigeunern, kennen wir ja“ und „Der Tod kommt dich holen“ bedroht und in Handschellen abgeführt haben. Einem weiteren Kind soll verwehrt worden sein, ans Handy zu gehen. Ermittlungen gegen zwei der vier Polizisten waren im Oktober 2021 gegen Auflagen eingestellt worden.
Nachdem es in Baden-Württemberg mehrfach Vorkommnisse von Polizeigewalt gegen die Minderheit gegeben hatte, war eine Beteiligung des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma an der Polizeiausbildung vereinbart worden. Seit April würden Themen wie Antiziganismus oder Geschichte und Gegenwart der Sinti und Roma im Lehrplan behandelt, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes, Daniel Strauß. Ziel sei es, ein dauerhaftes Vertrauensverhältnis zwischen der Polizei und der Minderheit zu etablieren.