Brüssel, Berlin (epd). Ein zivilgesellschaftlicher Bericht beklagt eine Vielzahl illegaler Pushbacks, Misshandlungen und sexueller Übergriffe gegen Migranten und Flüchtlinge in der Ägäis. Schilderungen von Zeugen offenbarten, dass Gewalt und Demütigungen als „strategisches Mittel“ dienten, um Menschen vom EU-Gebiet fernzuhalten, schreibt der Berliner Verein „Mare Liberum“ in dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht. Die Vorwürfe richten sich vor allem gegen griechische Behörden, die Opfer seien Menschen, die aus der Türkei überzusetzen versuchten.
Allein fast 5.000 Menschen seien 2021 in Rettungsinseln in türkischen Gewässern zurückgelassen worden. Ein Aufenthalt in den nicht steuerbaren, häufig überfüllten und den Meeresbewegungen ausgelieferten Gummiflößen werde von Überlebenden als traumatisch beschrieben, heißt es in dem Bericht.
Seit Anfang 2021 sei zudem verstärkt beobachtet worden, wie Menschen von griechischen Behörden in der Nähe der türkischen Küste einfach ins Wasser geworfen worden seien. Dabei seien 2021 mindestens vier Menschen gestorben.
Zeugen werden zudem mit Aussagen zitiert, dass sie geschlagen, mit dem Tode bedroht und beraubt worden seien. Männer und Frauen hätten sich ausziehen müssen und seien von Männern am ganzen Körper durchsucht worden.
Pushbacks hätten auch dazu beigetragen, dass Flüchtende von der Türkei aus öfter statt nach Griechenland bis nach Italien zu fahren suchten. Diese Seeroute sei aber noch gefährlicher als die Überfahrt in der Ägäis.
„Mare Liberum“ räumt ein, dass das Sammeln von Informationen über Rechtsbrüche in dem Gebiet schwierig und die Datenlage schlecht sei. Als Quellen nennt die Organisation neben Zeugenaussagen vor allem andere zivilgesellschaftliche Organisationen. „Mare Liberum“ besitzt zwar ein eigenes Schiff zu Beobachtung der Lage. Die Organisation konnte es aber nach ihren Angaben wegen Restriktionen der Behörden im vergangenen Jahr praktisch nicht einsetzen.
Die EU-Kommission teilte auf Anfrage mit, man nehme Berichte und Behauptungen über Pushbacks und Misshandlungen sehr ernst. Die Mitgliedsstaaten müssten sie vollständig aufklären. Man sei unter anderem mit Griechenland über die Einrichtung eines Monitoring-Mechanismus für die EU-Außengrenzen im Gespräch.