Frau Weiner, was ist Ihnen wichtig, wenn Sie eine Taufe vorbereiten?
Miriam Weiner: Vor allem ein gutes Gespräch mit den Menschen. Ich möchte erfahren, warum sie sich die Taufe wünschen und was sie so mitbringen. Da kommen ja auch Ängste und Wünsche hoch, oft berührende oder traurige Sachen. Zum Beispiel wenn Menschen erzählen, dass die Oma gestorben ist, aber irgendwie dabei sein soll. Dann sage ich zum Beispiel, dass man sie ins Fürbittengebet mit aufnehmen kann.
Was hat sich bei den Taufen in Ihrer Gemeinde seit Corona-Beginn verändert?
Weiner: Wie alle anderen standen wir vor der Frage, wie wir unsere Angebote weiterhin aufrechterhalten können. Die Taufen haben wir erst mal im kleineren Kreis in der Kirche angeboten, aber dann sind wir darauf gekommen: Man kann ja überall taufen, auch draußen. Wir haben in den schönen Kirchgärten getauft, aber auch zu Hause bei den Menschen.
"Man kann ja überall taufen, auch draußen."
Nach einem Einbruch zu Beginn der Pandemie gibt es inzwischen wieder deutlich mehr Taufen. Was bedeutet die Taufe in diesen Zeiten für die Menschen?
Weiner: Ich habe den Eindruck, dass sich nicht viel gegenüber der Zeit vorher verändert hat. Die Menschen wünschen sich die Begleitung durch Gott. Das kann in einer Phase, wo vieles unsicher ist, auch noch stärker werden. Meistens sind es ja Kinder, die zur Taufe gebracht werden. Da wünschen sich die Eltern, dass das Kind beschützt ist auf dem Lebensweg. Und für mich wird in der Taufe Gottes Ja sichtbar. Egal, was in meinem Leben passiert, ich habe dieses Zeichen bekommen, dass Gott bei mir ist. Das zeigt sich auch bei den Taufsprüchen, bei denen es eine leichte Tendenz zu Sprüchen gibt, die eine Lebenswegbegleitung beschreiben. Zum Beispiel Genesis 28,15: "Und siehe: Ich bin mit dir und will dich behüten, wohin du auch gehst."
"Egal, was in meinem Leben passiert, ich habe dieses Zeichen bekommen, dass Gott bei mir ist."
Sie haben seit 2020 ein gutes Dutzend Outdoortaufen durchgeführt. Was ist da anders als bei Taufen in der Kirche?
Weiner: Das Besondere ist, dass man in das Leben der Menschen eingeladen wird. Bei einer Gartentaufe führe ich das Taufgespräch immer bei den Familien zu Hause. Dann gehen wir gemeinsam herum und schauen: Wo könnte der Altar stehen? Wie könnte der ausgerichtet werden? Oft kommt auch die Frage, was man überhaupt als Altar nehmen kann. Und dann wird vielleicht aus dem alten Abstelltisch ein Altar gezaubert. Es ist schön zu sehen, auf welche liebevollen Ideen die Eltern und Paten kommen. Wir hatten zum Beispiel einen Altar aus Strohballen, der mit Blumen und bunten Tüchern geschmückt war.
Wie läuft so eine Gartentaufe ab?
Weiner: Unsere Küsterin stellt uns eine Kiste zusammen, in der unser Holzkreuz, die Bibel und unsere Taufschale aus der Kirche drin sind. Wir haben in der Kirche ein Taufbecken aus Stein, in das eine Schale eingelegt ist, die man mitnehmen kann. Das ist schön, weil in dieser Schale alle getauft werden. Dann geht es zu den Leuten nach Hause, und man weiß gar nicht so richtig, was einen erwartet. Vor der ersten Taufe war ich etwas aufgeregt und fragte mich: Wie wird das jetzt hier alles? Auf Klappstühlen und so - ist das würdevoll genug? Aber als das erste Lied eingesetzt hat, war es ein Gottesdienstraum. Der entsteht einfach.
Um Kontakt zu den Menschen zu halten, die Kinder bekommen haben, hat Ihr Kirchenkreis ja besondere Postkarten entworfen …
Weiner: Mit Beginn der Pandemie haben wir verschiedene digitale Arbeitskreise gebildet. Meine Kollegin Margit Zahn aus dem Kirchenkreis Hanau hat die Kartenaktion federführend initiiert. In dieser Gruppe haben wir dann gemeinsam an dem Text gefeilt und die Motive ausgesucht. Entstanden sind dabei verschiedene Karten. Eine davon ist eine Glückwunschkarte zur Geburt in Hellblau mit einem weißen Schriftzug "Wunderbar". Da geht es erst mal nur darum, einen neuen Menschen zu begrüßen. Auf einer anderen Karte steht "Du!". Das ist die Karte, mit der man zur Taufe einladen kann. Und wir haben sogar Karten, die ein, zwei und drei Jahre nach der Taufe zur Erinnerung geschickt werden können.
Was wollen Sie mit diesen Karten erreichen?
Weiner: Das Ziel ist, Menschen persönlich anzusprechen und einzuladen, aber nicht zu bedrängen. Für mich ist relevant: Freut es Menschen? Finden sie das gut? So hält man Kontakt, selbst wenn sie sich dann nicht zur Taufe melden. Ich würde sagen, die Wirkung unserer Karten ist positiv, weil die Menschen merken: Da denkt jemand an mich. Diese "Wunderbar"-Karte gibt's mittlerweile in der gesamten Kirche von Kurhessen-Waldeck, und auch eine andere Landeskirche hat schon angefragt.
"Die Wirkung unserer Karten ist positiv, weil die Menschen merken: Da denkt jemand an mich."
Wie wird es mit den Taufen bei Ihnen weitergehen?
Weiner: Ich möchte die Gartentaufen weiter anbieten. Dabei entsteht so viel Schönes. Ich hatte zum Beispiel einen Konfirmanden, der noch nicht getauft war und gleich neben der Kirche wohnt. Wir sind mit ihm zusammen in die Kirche gegangen, haben die Taufschale und das Kreuz geholt und haben das gemeinsam im Hof seines Hauses aufgebaut. Manchmal spielen auch die Kinder danach gern mit dem Wasser in der Taufschale. Es macht einfach Freude, und ich hoffe, dass das auch weiter angefragt wird.
evangelisch.de dankt ekd.de für die Kooperation.