Psychologe rät bei Kriegsangst: Grübel-Karussel braucht Stoppsignal

Psychologe rät bei Kriegsangst: Grübel-Karussel braucht Stoppsignal

Bielefeld (epd). Der Bielefelder Psychologe Tobias Redecker rät angesichts der Kriegsbilder aus der Ukraine zu einer Begrenzung der Mediennutzung, um die seelischen Abwehrkräfte zu stärken. „Man liest zum Beispiel morgens die Zeitung und lässt dafür die digitalen Kanäle, in denen wir im Sekundentakt mit Meldungen überrollt werden, aus“, sagt der psychologische Psychotherapeut im Interview mit der Betheler Monatszeitung „Der Ring“ (April). Vor allem sollten Nachrichten oder Live-Blogs nicht nachts im Bett liegend verfolgt werden.

Auch die Wahl der Quelle sollte seinen Worten zufolge stets kritisch hinterfragt werden. Denn jeder könne heute auf Facebook und Co. ungefiltert Inhalte verbreiten. Besser man greife auf etablierte Medien und offizielle Nachrichtenseiten zurück, empfahl Redecker, der beim Psychologischen Fachdienst Bethel.regional der v. Bodelschwinghschen Stiftungen arbeitet.

Ablenkung und Spaß im Alltag schafften in schwierigen Zeiten einen Ausgleich, sagte der Psychologe. „Das hält uns am Laufen.“ Aber auch Angst sei zulässig und sollte ihren Raum erhalten, betonte er. Dabei sei es wichtig, negative Gedanken und Gefühle im Familien- oder Freundeskreis zu besprechen. Wenn jedoch die Angst überhandnehme und der Kontakt zum sozialen Netzwerk nicht mehr helfe, sollten sich Betroffene professionelle Hilfe bei Therapeuten suchen.

„Wenn man sich in einem 'Grübel-Karussel' gefangen fühlt, kann es helfen, sich ein klares und bewusstes Stoppsignal zu setzen“, schlägt Redecker vor, der eine Honorar-Professur „Psychiatrische Pflege“ an der Fachhochschule der Diakonie in Bielefeld-Bethel innehat. „Man sagt zu sich selbst 'Stopp!', um das Nachdenken zu unterbrechen.“ Der Effekt lasse sich verstärken, indem man sich ein Stoppschild aus dem Straßenverkehr vorstellt. Ein anderes inneres Bild sei eine Wolke, auf die man seine Gedanken, den Ärger oder Sorgen setzt und ziehen lässt. „Diese Strategie kann helfen, Abstand zu gewinnen“, erklärte der Gesundheitswissenschaftler, der regelmäßig Resilienz-Workshops gibt.