Berlin (epd). Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine warnt ein Bündnis aus Umweltorganisationen davor, die angekündigte Energiewende zu verschleppen. Die Abhängigkeit von russischen Importen im Energiesektor dürfe nicht durch Einfuhren aus anderen autokratisch regierten Ländern ersetzt werden, mahnte das Bündnis am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung eines Forderungskatalogs an die Bundesregierung. Nötig seien zusätzliche 100 Milliarden Euro, um Energiesouveränität zu gewährleisten.
Internationale Sicherheit lasse sich nicht allein mit militärischen Mitteln gewährleisten, heißt es in einem offenen Brief des Bündnisses an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): „Gerade in der aktuellen Krise gilt, dass Sicherheit in einer vernetzten Welt nur dann möglich ist, wenn menschliche Sicherheit weltweit gewährleistet ist.“ Dem Anstieg der Verteidigungsausgaben müsse angesichts von Klima- sowie Ernährungs- und Energiekrise im globalen Süden eine Aufstockung der Mittel für Diplomatie, Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe entsprechen.
Die von der Bundesregierung geplanten Maßnahmen reichten nicht aus, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu beenden. In einem offenen Brief dringen die Organisationen vor allem auf Maßnahmen für eine drastische Senkung des Energieverbrauchs und einen Ausbau erneuerbarer Energien. „Bisher ist die Zeitenwende in der Finanzierung der notwendigen Transformation ausgeblieben“, kritisieren die Unterzeichner.
Für Energiesicherheit sei es nicht ausreichend, die Abhängigkeit von russischen Importen zu beenden, hieß es. Nötig seien eine massive Beschleunigung des Ausbaus von Windkraft und Solarstrom sowie ein Energiespar-Programm. Dafür seien ein Förderprogramm für mindestens eine Million effiziente Wärmepumpen im Wärmesektor und ein sofortiges Einbauverbot von Öl- und Gasheizungen erforderlich. Eine Beschleunigung der Gebäudesanierungen müsse mit einer Fachkräfte-Ausbildungsoffensive auch für Flüchtlinge sowie sozialer Absicherung von Mieterinnen und Mietern einhergehen.
Als rasch wirksame Maßnahme, um Kraftstoff einzusparen, fordert das Bündnis ein Tempolimit im Verkehr. Überdies dürfe es spätestens ab 2030 keine Neu-Zulassung von Verbrennungsmotoren mehr geben. Stattdessen seien massive Investitionen in Radinfrastruktur, den öffentlichen Personennah- und den Schienenverkehr nötig.
„Wir tauschen bisher die fossilen Energien aus Russland gegen Fossile aus anderen Ländern aus. So kann der Klimaschutz nicht gelingen“, sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Olaf Bandt. Energiesouveränität könne nur mit dem Ausbau von Wind- und Solarenergie sowie mit Sparzielen erreicht werden.
Von der durch Kanzler Scholz angekündigten Zeitenwende sei beim Umstieg auf erneuerbare Energien nichts zu spüren, kritisierte die Kampagnendirektorin Klimaschutz bei Campact, Luise Neumann-Cosel. Dem Bündnis gehören überdies der WWF, die Deutsche Umwelthilfe, Germanwatch, Greenpeace, der Naturschutzbund (Nabu) und der Deutsche Naturschutzring (DNR) an.