Köln (epd). Zwei Wochen vor dem Ende der Beurlaubung von Kardinal Rainer Maria Woelki haben sich offenbar wesentliche Teile der Führungsspitze im Erzbistum Köln gegen dessen Rückkehr ins Amt des Erzbischofs gewandt. Der Erzbischöfliche Rat, der als engster Beraterstab gilt, beriet am Mittwoch intensiv über das Thema, wie der scheidende Kommunikationsdirektor Christoph Hardt am Donnerstag bestätigte. Dabei sei Skepsis laut geworden, dass eine Zukunft mit Woelki an der Spitze gedeihlich gelingen könne. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeigers“ (online) wandte sich das Gremium „fast einhellig“ gegen eine Rückkehr Woelkis als Erzbischof.
Der Kardinal steht vor allem wegen seines Umgangs mit der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der Kritik. Nach einer Überprüfung der Vorgänge durch päpstliche Visitatoren hatte Papst Franziskus entschieden, dass Woelki im Amt bleiben darf, ihn aber zugleich für eine knapp fünfmonatige „geistliche Auszeit“ beurlaubt. Am 2. März, dem Aschermittwoch, soll Woelki laut päpstlichem Dekret die Leitung des mitgliederstärksten deutschen Bistums wieder übernehmen.
Der 20-köpfige Erzbischöfliche Rat habe in einer konstruktiven Atmosphäre intensiv an Szenarien für die Zeit nach Aschermittwoch gearbeitet, sagte Hardt, selbst Mitglied des Gremiums, dem Bistumssender Domradio. Eine förmliche Abstimmung für oder gegen die Rückkehr des Kardinals habe es nicht gegeben. In den Diskussionen sei ein realistisches Bild der Lage im Erzbistum zur Sprache gekommen, erklärte der Mediendirektor, der das Erzbistum nach nur sieben Monaten unmittelbar vor Woelkis Rückkehr auf eigenen Wunsch verlässt. Angesichts der schwierigen Lage sei selbstverständlich auch die Sorge um die Zukunft der Kirche geäußert worden.
Dem Beratergremium gehören neben Bistumsverwalter Rolf Steinhäuser weitere Weihbischöfe und Generalvikar Markus Hofmann sowie die Hauptabteilungsleiter im Generalvikariat und weitere Funktionsträger an. Laut „Kölner Stadt-Anzeiger“ erstellten sie mithilfe von Zetteln auf einer Pinnwand ein Meinungsbild. Tenor war demnach, dass die Situation mit großer Sorge gesehen werde.
Nach Einschätzung des Münsteraner Kirchenrechtlers Thomas Schüller ist noch offen, ob Woelki an Aschermittwoch seine Amtsgeschäfte als Erzbischof wieder aufnimmt. Schüller verwies unter anderem auf „den schonungslosen Bericht“ des Apostolischen Administrators Steinhäuser über die Lage im Erzbistum. Sowohl bei den zuständigen Stellen im Vatikan als auch in den innerdiözesanen Räten in Köln sei „sehr deutlich geworden, dass eine pastoral gedeihliche Zusammenarbeit mit Kardinal Woelki nicht oder nur sehr schwer vorstellbar erscheint“, sagte der Direktor des Instituts für Kanonisches Recht der Universität Münster dem Evangelischen Pressedienst (epd).
In die gleiche Richtung zielten auch die Hinweise der Papst Franziskus in dieser Sache beratenden Kardinäle Walter Kasper und Jean-Claude Hollerich, sagte Schüller. Sie hätten Woelki den Rücktritt nahegelegt, um Schaden vom Erzbistum abzuwenden. „Schon in der Alten Kirchengeschichte war es ein ungeschriebenes Gesetz, dass Bischöfe, die keine Resonanz und Akzeptanz bei den ihnen anvertrauten Gläubigen erfuhren, entweder abgesetzt wurden oder freiwillig resignierten“, sagte Schüller. „Diese geschichtliche Erfahrung sollte sich Woelki zu Herzen nehmen und entsprechend handeln.“
Auch in kirchlichen Verbänden und in Teilen der nordrhein-westfälischen Landespolitik gibt es Widerstand gegen eine Rückkehr Woelkis ins Amt. So forderte kürzlich Tim Kurzbach, Vorsitzender des Diözesanrats als Vertretung der Laien im Erzbistum, die Gemeinden sollten zur Frage einer Zukunft mit Woelki angehört werden.
Erster offizieller Termin Woelkis am 2. März wäre nach derzeitigem Stand eine Messe im Kölner Dom zum „Aschermittwoch der Künstlerinnen und Künstler“. Drei Tage später ist die traditionelle Passionsandacht des Kölner Erzbischofs und des Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, geplant. Bei der Andacht am 5. März in der Düsseldorfer Johanneskirche ist Woelki nach Angaben der rheinischen Kirche als Prediger vorgesehen.