Wittenberg (epd). Der katholische Theologe und Sozialethiker Andreas Lob-Hüdepohl sorgt sich in der Debatte über Sterbehilfe vor einer möglichen emotionalen Normalisierung von Suizid und Suizidbeihilfe in der Gesellschaft. Es bestehe die Gefahr der Gewöhnung an eine solche „Exit-Option“, sagte Lob-Hüdepohl am Mittwoch bei einer Tagung zum Thema Sterbehilfe in Wittenberg. Trete eine solche Normalisierung ein, könnte es passieren, dass die Lebenssituation von Menschen, die einen Todeswunsch hegten, gar nicht mehr in den Blick genommen würde.
Es sei die große Aufgabe der Kirche, eine Suizidalitätsbegleitung zu betreiben und die „Sichtachsen des Lebens und die Lebensbindung der Betroffenen zu stärken“, sagte das Mitglied des Deutschen Ethikrates. Man müsse alles dafür tun, um Suizide in umfassender Form zu verhindern, gerade auch mit Blick auf Kinder und Jugendliche. Eine lebensbejahende Gesellschaft müsse Selbsttötungen zwar akzeptieren, aber diese eben als die höchst dramatische Situation anerkennen, die sie sei.
Diakonie-Präsident Ulrich Lilie plädierte auf der Veranstaltung der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt für eine umfassende öffentliche Debatte zum Thema Sterbehilfe und des assistierten Suizids. Es werde keine schnellen und plakativen Antworten auf dieses komplexe Thema geben können. Überzeugende Lösungen könnten erst dann gefunden werden, wenn diese auf einem breiten gesellschaftlichen Diskurs basierten, sagte Lilie. Er betonte in diesem Zusammenhang auch die Notwendigkeit, „Prävention, Lebensschutz und Selbstbestimmung in eine ausgewogene und menschengerechte Balance zu bringen“.