München (epd). Der Druck auf den im Zuge des Münchner Missbrauchsgutachtens schwer in die Kritik geratenen Prälaten Lorenz Wolf wächst. Kardinal Reinhard Marx habe Wolf in einem Schreiben mit entsprechender Fristsetzung neuerlich zu einer Stellungnahme zu dem Gutachten und den darin gegen ihn erhobenen Vorwürfen aufgefordert, teilte das Erzbistum am Donnerstag mit. Prälat Lorenz Wolf ist eine der zentralen Figuren in dem am 20. Januar veröffentlichen Gutachten.
Dem unabhängigen Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zufolge soll Wolf in seinen Ämtern und Funktionen wesentlich dazu beigetragen haben, Missbrauchsdelikte zu vertuschen und zu verharmlosen. Am 27. Januar gab Marx bekannt, dass Wolf „alle seine Ämter und Aufgaben ruhen“ lässt. Dazu zählen etwa sein Amt des Offizials, also des obersten Kirchenrichters, des Domdekans, des Leiters des Katholischen Büros in Bayern und der Vorsitz des BR-Rundfunkrats.
Für einige Ämter hat das Erzbistum am Donnerstag nun Übergangslösungen präsentiert: Vizeoffizial Peter Förster soll vorübergehend die Aufgaben des Offizials übernehmen, die des Domdekans vorübergehend Dompropst Weihbischof Bernhard Haßlberger. Förster war bisher als Vertreter der Erzdiözese Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen (UAK). Von diesen Aufgaben habe Kardinal Marx ihn nun entbunden, um Interessenkonflikte auszuschließen.
Wer nun die Erzdiözese in der Unabhängigen Kommission vertritt, steht noch nicht fest. Über eine mögliche Nachfolge für Domvikar Förster sei noch nicht entschieden, teilte das Erzbistum mit. Das Gremium besteht aus vier unabhängigen, von der Staatsregierung benannten Experten aus Wissenschaft, Fachpraxis, Justiz und öffentlicher Verwaltung. Außerdem gehören dem Gremium zwei Vertreter des Betroffenenbeirats sowie eine Vertreterin des Diözesanrats der Katholiken an.
Lorenz Wolf selbst wehrt sich gegen die Vorwürfe im Missbrauchsgutachten. So stellte er die Legitimität des Gutachtens in Frage, eine Stellungnahme zu den Vorwürfen hat er bis heute nicht abgeben. Auf eine Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) vom 24. Januar hat Wolf ebenfalls nicht reagiert. In der Sitzung im BR-Rundfunkrat an diesem Donnerstag will er sich im nichtöffentlichen Teil zu den Vorwürfen äußern. Vertreter von FDP und Grünen im Rundfunkrat hatten bereits öffentlich seinen Rücktritt gefordert. )