München (epd). Der ehemalige Münchner Erzbischof Kardinal Friedrich Wetter hat sich für Fehlentscheidungen im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen in seiner Amtszeit von 1982 bis 2007 entschuldigt. Zugleich wies er die Darstellung in dem vergangenen Donnerstag veröffentlichten Missbrauchsgutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zurück, er habe sich in 21 Fällen falsch verhalten. „Meine Darstellung der Fakten“ komme „zu einem anderen Ergebnis“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme.
Vor allem nimmt Wetter Bezug auf den Fall des Essener Priesters H., in den laut Gutachten auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. verstrickt ist. Dieser Fall ist laut Kardinal Wetter „auch im Verhältnis zu anderen besonders gravierend“. Die Entscheidung, H. unter strenger Aufsicht in eine Pfarrgemeinde nach Garching an der Alz zu schicken, „war ohne Zweifel objektiv falsch“. Wetter räumte zudem ein, eine „ernsthafte und eingehende Auseinandersetzung“ mit dem Thema Kindesmissbrauch und den Folgen für Betroffene habe es bei ihm bis zur Veröffentlichung des ersten Missbrauchsgutachtens 2010 nicht gegeben.
Natürlich sei auch in den 1980er und 1990er Jahren sexueller Missbrauch von Kindern strafbar und moralisch inakzeptabel gewesen. „Ehrlicherweise muss ich allerdings sagen, dass ich vor 2010 nicht genügend Wissen hatte und mein Problembewusstsein nicht genügend ausgebildet war.“ Dies sei damals „bei vielen in der Gesellschaft“ und nicht nur in der Kirche so gewesen. Dies mache sein „unangemessenes und objektiv falsches Verhalten“ allerdings nicht besser, schreibt Wetter.
Er sei „zumindest im Fall H.“ seiner Verantwortung als Erzbischof von München und Freising „zum Schutz der Kinder und Jugendlichen nicht in dem notwendigen Maß gerecht geworden“, dies erfülle ihn „mit Scham und Trauer“, so Wetter. In seiner Stellungnahme geht er auf die ihm angelasteten 21 Fälle des Fehlverhaltens ein. In sechs dieser Fälle habe „kein Missbrauch“ vorgelegen, in acht Fällen habe sich der Missbrauch nicht in seiner Amtszeit oder nicht in seinem Amtsbereich zugetragen.
Laut dem vergangene Woche vorgestellten Gutachten gab es zwischen 1945 bis 2019 Hinweise auf mindestens 497 Betroffene sexualisierter Gewalt im Erzbistum München und Freising. Dem emeritierten Papst Benedikt XVI. wird vorgeworfen, als Münchner Erzbischof (1977-1982) in vier Fällen nicht ausreichend gegen Missbrauchs-Täter vorgegangen sein. Auch der amtierende Erzbischof Kardinal Reinhard Marx soll in seiner Amtszeit Missbrauchsfälle nicht nach Rom gemeldet haben.