München (epd). Ein externes Gutachten zu Missbrauchsfällen im katholischen Erzbistum München und Freising hat Hinweise auf mindestens 497 Betroffene sexualisierter Gewalt gefunden. Das am Donnerstag von der Münchner Anwaltskanzlei Westphal Spilker Wastl vorgestellte Gutachten hat Missbrauchsfälle aus den Jahren 1945 bis 2019 untersucht, um Hinweise auf systemische Ursachen und Verantwortlichkeiten in der Leitung des Erzbistums zu finden.
Nach Angaben der Gutachter waren 247 Opfer männlich, 182 Opfer weiblich, in 68 Fällen sei eine Zuordnung nicht möglich gewesen, sagte Rechtsanwalt Martin Pusch, einer der Autoren des Gutachtens. 60 Prozent der betroffenen Jungen waren zwischen acht und 14 Jahre alt. Damit bestätige sich, dass die Opfer sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche überwiegend männliche Kinder und Jugendliche gewesen seien. Pusch betonte, die Zahlen deckten nur das Hellfeld ab. Die Kanzlei gehe von einem weitaus größeren Dunkelfeld aus.
Das Gutachten umfasst auch die Amtszeiten hochrangiger Kardinäle wie Joseph Ratzinger, heute emeritierter Papst Benedikt XVI. und Münchner Erzbischof von 1977 bis 1982, und Reinhard Marx, der seit 2008 an der Spitze der Diözese steht.
Eigentlich sollte das 1.600 Seiten starke Gutachten bereits im vergangenen Jahr erscheinen, die Veröffentlichung wurde aber wegen neuer Erkenntnisse auf Januar verschoben. Marx, der nicht an der Pressekonferenz zur Vorstellung des Gutachtens teilnahm, wollte am Nachmittag in München ein Statement abgeben.