Berlin (epd). Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sieht Fortschritte bei der Rettung afghanischer Ortskräfte vor den Taliban. „Wir arbeiten weiterhin daran, den Ortskräften und ihren Kernfamilien, die noch nicht das Land verlassen konnten, die Ausreise zur ermöglichen, auch über Drittländer“, sagte Schulze den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online Sonntag). Wichtig sei ihr vor allem, besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen zu retten, zum Beispiel Frauenrechtlerinnen, Menschenrechtsaktivisten sowie Journalistinnen und Journalisten. „Wir machen da Fortschritte, aber das gelingt durch leise Diplomatie, nicht durch laute Forderungen.“
Schulze betonte, dass die geretteten Afghaninnen und Afghanen eine Bleibeperspektive in Deutschland haben. ?„Mein Ministerium hat erfasst, wer für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in Afghanistan tätig war. Für all diejenigen, die aufgrund dieser Tätigkeit gefährdet sind, und auch für ihre Kernfamilien, kümmern wir uns um Aufnahmezusagen in Deutschland“, sagte die Ministerin. Allein im Zuständigkeitsbereich des Entwicklungsministeriums hätten seit Mitte Mai 2021 mehr als 12.500 Menschen eine solche Aufnahmezusage erhalten. „Rund 3.600 hiervon sind bereits mit unserer Unterstützung in Deutschland angekommen.“
In Afghanistan herrsche aktuell eine der größten humanitären Krisen der Welt, sagte die Ministerin weiter. „Es fehlt an allem: Nahrung, Wasser, Medizin. Afghanistan befindet sich im freien Fall.“ Um humanitäre Hilfe zu organisieren, ist nach Schulzes Ansicht auch eine Zusammenarbeit mit den Taliban notwendig. Entscheidend sei, dass die Hilfe „bei den Menschen in Afghanistan ankommt - und das funktioniert nicht, ohne mit den Taliban zu sprechen“, sagte die SPD-Politikerin. „Wir können nicht zusehen, wie die Menschen in Afghanistan verhungern, wir müssen ihnen eine Perspektive geben.“? Weil die Taliban jedoch „keine legitime Regierung“ seien, organisiere Deutschland die Unterstützung „regierungsfern“.
Schulze verwies darauf, dass die Bundesregierung im Herbst ein Hilfspaket von mehr als 600 Millionen Euro für Afghanistan geschnürt habe. „Das Geld, mit dem die UN-Hilfsorganisationen arbeiten, reicht allerdings nicht, um die Grundversorgung der notleidenden Menschen im Land in diesem Jahr sicherstellen zu können“, machte die Entwicklungsministerin deutlich. „Die Menschen in Afghanistan brauchen längerfristige Unterstützung. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die internationalen Hilfen für Afghanistan weitergehen.“?