Köln (epd). Im Missbrauchs-Verfahren gegen den 70-jährigen katholischen Pfarrer Hans Bernhard U. hat der frühere Offizial des Kölner Erzbistums, Günter Assenmacher, eine Mitverantwortung bestritten. „In der Causa U. hatte ich nur beratende Funktion“, erklärte Assenmacher am Donnerstag als Zeuge in dem Prozess vor dem Landgericht Köln. Als Offizial war Assenmacher im Erzbistum bis März 2021 für die Einhaltung des Kirchenrechts zuständig. Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki hatte ihn im vergangenen Jahr nach der Veröffentlichung des Missbrauchs-Gutachtens der Kanzlei Gercke-Wollenschläger suspendiert.
U. wird sexueller Missbrauch von drei seiner Nichten vorgeworfen, die zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt zwischen sieben und 13 Jahren alt waren. Die Taten soll er zwischen 1993 und 1999 verübt haben. Die Hauptverhandlung wurde bereits im November 2021 eröffnet (AZ: 102 KLs 17/20). Es haben sich während des Verfahrens weitere Zeuginnen gemeldet, die U. belasten. In dem Prozess ist am kommenden Dienstag auch der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße als Zeuge geladen.
Assenmacher hatte 26 Jahre das Kirchengericht des Erzbistums geleitet. Vor Gericht erklärte er, verantwortlich für den Umgang mit den Vorwürfen gegen U. sei in erster Linie die Personalabteilung des Erzbistums gewesen, die damals unter der Leitung Heßes gestanden habe. Für ihn selbst habe es keine Gründe gegeben, die Missbrauchsvorwürfe gegen U. nach Rom zu melden, da sich die Mädchen entschlossen hätten, von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Die Vorwürfe seien im Erzbistum nicht leichtfertig beiseite geschoben worden.
Der Vorsitzende Richter Christoph Kaufmann zitierte aus einer Mail von Assenmacher an die damalige Leiterin der Rechtsabteilung des Erzbistums: „Müssen wir das nach Rom schicken? Was sollen wir denn nach Rom schicken?“ Assenmacher erklärte, er halte nichts davon, höhere Instanzen mit Vorgängen zu behelligen, „die dann letzten Endes im gleichen Entscheidungsnotstand stecken wie man selbst“.
Kaufmann zitierte auch aus einem Gesprächsprotokoll, in dem U. angab, mit Assenmacher über die Vorwürfe gegen sich gesprochen zu haben. Der ehemalige Offizial erklärte, sich an solche Gespräche nicht erinnern zu können. Die Befragung Assenmachers wird zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt. Für den Nachmittag kündigte Kaufmann die Befragung einer neuen Zeugin unter Ausschluss der Öffentlichkeit an.
In dem Gercke-Gutachten wird Heße eine Verletzung der Aufklärungspflicht vorgeworfen. Der damalige Offizial Günter Assenmacher soll zudem den mit dem Fall betrauten Verantwortungsträgern im Erzbistum eine falsche Rechtsauskunft erteilt haben, heißt es dort.