Berlin (epd). Die Berliner Amadeu Antonio Stiftung und die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl haben eine mangelhafte Erfassung von flüchtlingsfeindlicher Gewalt durch die Polizei kritisiert. „Es kann nicht sein, dass wir zwar wissen, wie viele Handtaschen 2020 gestohlen werden, aber schwere Körperverletzungen, Anfeindungen und Mordversuche gegen Geflüchtete in der offiziellen Statistik nicht auftauchen“, sagte die Rassismus-Expertin Tahera Ameer am Freitag in Berlin bei der Vorstellung einer Langzeitauswertung der Stiftung über Gewalt gegen Geflüchtete in Deutschland. Es fehle bei der Polizei offenkundig an Sensibilität, Aufmerksamkeit und Ressourcen, diese Straftaten zu verfolgen.
Das Thema sei seit 2018 schlagartig aus den Debatten und Schlagzeilen verschwunden. „Gewalt gegen Geflüchtete ist aber weiterhin ein massives Problem“, sagte Ameer: „Nur, weil darüber niemand mehr spricht, hat sich die Situation der Betroffenen nicht gebessert.“ Nach wie vor würden Unterkünfte angezündet und Menschen mehrmals täglich Opfer von Gewalt.
Allein für das Jahr 2020 erfassten die Stiftung und Pro Asyl in ihrer gemeinsamen Chronik demnach mehr als 1.600 Angriffe gegen Geflüchtete. Seit 2015 dokumentierten sie mehr als 11.000 Vorfälle, davon 284 Brandanschläge und 1.981 Körperverletzungen. Bundesweit komme es täglich zu durchschnittlich zwei flüchtlingsfeindlichen Vorfällen, sagte Ameer. Mit der Begründung des mangelnden öffentlichen Interesses würden die Vorfälle von den Polizeistellen gar nicht mehr dokumentiert oder nicht als politische Kriminalität eingestuft.