München (epd). Die Gesellschaft Anthroposophischer Ärztinnen und Ärzte in Deutschland (GAÄD) hat Impfungen ausdrücklich als eine der wichtigen Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie und zum Schutz der Bevölkerung begrüßt. Viele anthroposophische Ärztinnen und Ärzte sowie die anthroposophischen Kliniken beteiligten sich aktiv an der Impfkampagne und an der Behandlung von Covid-19-Patienten, sagte der Kinder- und Jugendarzt und Leiter der GAÄD-Akademie in München, Georg Soldner, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Kritik, wonach anthroposophische Ideen Mitschuld an der geringen Impfbereitschaft gegen das Coronavirus seien, wies er zurück.
Zudem beteiligten sich anthroposophische Kliniken in Deutschland und der Schweiz aktiv an der Versorgung von Covid-Patientinnen und -Patienten. Anthroposophische Ärztinnen und Ärzte sähen sich als Teil der Lösung, wenn es um die Eindämmung der Pandemie geht, erklärte Soldner weiter: „Dazu gehören eindeutig die Impfungen und differenzierte Präventionskonzepte, gerade im Blick auf die Kindergesundheit.“
Dies belegten auch Zahlen aus dieser Woche: Die Klinik Havelhöhe in Berlin versorge aktuell bei insgesamt 350 Betten 33 Covid-Patientinnen und Patienten, davon 21 auf Normalstation, 11 Patienten auf der Intensivstation beatmet und 1 Patient mit „künstlicher Lunge“ (ECMO). Hinzu komme ein sehr aktives ambulantes Impfzentrum.
Das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke bei Dortmund behandelt den Angaben zufolge derzeit 31 Patienten, davon 5 auf Intensivstation. Ein Patient wurde aus den Niederlanden verlegt. Die Filderklinik Stuttgart mit 300 Betten behandele 12 Patienten auf Isolierstation und 4 auf der Intensivstation, alle beatmet (Stand: 29. November).
Zum Vorwurf, die anthroposophische Weltanschauung trage zur geringen Impfbereitschaft bei, erklärte Soldner, das sei schon anhand von Zahlen nicht zu bestätigen: „Die Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland zählt circa 12.000 Mitglieder, während ungefähr 18 Millionen Deutsche, für die es aktuell zugelassene Impfstoffe gibt, noch nicht gegen Covid-19 geimpft sind.“
Impfskepsis und Impfzurückhaltung hätten unterschiedliche Motive und seien in sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen anzutreffen. „Die Anthroposophische Gesellschaft und die Praxisfelder der Anthroposophie in Pädagogik, Landwirtschaft und Medizin sind davon keine Ausnahme“, erklärte Soldner. Die institutionellen Vertreter der von dem Philosophen und Geistesforscher Rudolf Steiner (1861-1925) begründeten Anthroposophie würden in der Pandemie eine klare Haltung vertreten. Soldner erinnerte daran, dass sich die internationale anthroposophische Ärzteschaft bereits Anfang dieses Jahres für eine freie und verantwortungsvolle Impfentscheidung ausgesprochen habe.
Zur Covid-Impfung von Kindern nimmt die Gesellschaft Anthroposophischer Ärztinnen und Ärzte eine zurückhaltende Position ein. „In den Kinderarztpraxen und Kinderkliniken ist Covid-19 kein wesentliches Problem“, sagte Soldner Wegen der Unterbrechung normaler Kontakte im Kleinkindesalter 2020 werde aber 2021 eine Häufung der Virusinfektion RSV bei Säuglingen und Kleinkindern festgestellt. Daher seien „auch in Pandemiezeiten differenzierte Konzepte zur Prävention“ nötig, die nachhaltig die Gesundheit fördern und vermeidbare Risikofaktoren reduzieren.