EKD-Ratsvorsitzende Kurschus: Hoffnung so wichtig wie Luft zum Atmen

Annette Kurschus
© epd-bild/Jens Schulze
Trauerfeiern seien „sang- und klanglos ohne Lied“ und Angehörige bei Beerdigungen auf Abstand geblieben, beklagte die 58-jährige Theologin Annette Kurschus.
EKD-Ratsvorsitzende Kurschus: Hoffnung so wichtig wie Luft zum Atmen
Am Totensonntag stehen die Verstorbenen des zurückliegenden Jahres im Mittelpunkt - auch diesmal wieder mit dem Gedenken an die vielen Corona-Toten. In Bochum wurden "Bäume der Hoffnung" für sie gepflanzt.

Bochum, Hildesheim (epd). Die Corona-Pandemie hat für die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche (EKD), Annette Kurschus, in besonderer Weise die Bedeutung von Trost und Hoffnung angesichts von Angst, Not und Sterben vor Augen geführt. „Selten haben wir so hautnah gespürt: Wir brauchen Trost und Hoffnung so nötig wie die Luft zum Atmen und das tägliche Brot“, sagte Kurschus am Sonntag in einem Gottesdienst zum Ewigkeitssonntag in Bochum-Wattenscheid. An diesem stillen Feiertag, häufig auch als Totensonntag bezeichnet, gedenken die evangelischen Christen der Verstorbenen des zurückliegenden Jahres, bevor eine Woche später am Ersten Advent das neue Kirchenjahr beginnt.

Im vergangenen Jahr sei die Verzweiflung so vielfältig gewesen, dass sie viele Tränen des Kummers, der Angst, der Ohnmacht und des Zorns gesehen habe, auch Tränen über den Tod geliebter Menschen, erklärte die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen. Der Tod bleibe fremd und Sterben sei immer ein Ausnahmezustand, während der Corona-Pandemie habe es aber „noch Schlimmeres“ gegeben, nämlich den einsamen Tod: „Wir haben erlebt, wie schrecklich es ist, wenn keiner da ist, der trösten kann, wenn Kranke in völliger Isolation, mutterseelenallein, um ihr Leben kämpfen.“

Trauerfeiern seien „sang- und klanglos ohne Lied“ und Angehörige bei Beerdigungen auf Abstand geblieben, beklagte die 58-jährige Theologin: „Es war zum Schreien, es war zum Heulen, es war zum Verzweifeln.“ Gott habe jedoch „Spuren der Hoffnung in unsere Welt“ gelegt. Formen und Rituale wie gemeinsames Feiern, Beten und Gedenken seien ein kostbarer Schatz, durch den die Lebenden Trost schöpfen und die Hoffnung neu in ihre Herzen „einpflanzen“ könnten. Angst, Trauer und Einsamkeit könnten „Gott ans Herz“ gelegt werden.

Im Anschluss an den Gottesdienst wurden auf dem Evangelischen Friedhof Wattenscheid mehrere „Bäume der Hoffnung“ gepflanzt. Mit der Aktion gedenken Gemeinden in der gesamten westfälischen Landeskirche der Menschen, die in der Pandemiezeit gestorben sind. „Die Bäume werden wachsen und auch künftige Generationen daran erinnern, was wir im Augenblick durchmachen“, sagte Präses Kurschus. „Sie geben unseren Toten ein sichtbares, hoffnungsvolles Gedenken.“

Auch in einem vom ZDF übertragenen Fernsehgottesdienst wurde besonders der Verstorbenen der Corona-Pandemie gedacht. „Dieses Jahr hat uns Menschen genommen, und die Pandemie hat uns riesige Fragen hinterlassen“, sagte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister in der Hildesheimer Michaeliskirche. Dazu spanne die Pandemie „unsere Gesellschaft zwischen Gemeinwohl und Egoismus bis an die Grenzen“.

Meister, der auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) ist, rief dazu auf, „aus der Hoffnung, nicht aus der Verzweiflung“ zu leben. Er betonte, dass Tod und Trauer nicht nur Schmerz bedeuteten, sondern auch neue Perspektiven erschließen könnten. Der Bischof verwies auf den Tod Jesu, der den Menschen den Blick geöffnet habe für „unglaubliche Sehnsuchtsräume“, die auch den Menschen in der Gegenwart eine Kraftquelle sein könnten, um Veränderung zu wagen. Die aktuellen Krisen zeigten, dass neu und anders über die Zukunft der Welt nachgedacht werden müsse.