Glasgow (epd). Streit ums Geld hat den Auftakt zur zweiten und entscheidenden Verhandlungswoche beim Weltklimagipfel in Glasgow geprägt. Arme Staaten forderten am Montag die Industrieländer auf, ihre finanziellen Versprechen zu präzisieren. Absichtserklärungen der vergangenen Woche bezeichneten sie als zu vage. Unterdessen kündigte eine Reihe reicher Länder, darunter Deutschland und Großbritannien, weitere Hilfen für Entwicklungsländer zur Anpassung an den Klimawandel an. Der frühere US-Präsident Barack Obama würdigte das Klima-Engagement Jugendlicher.
Der Sprecher der Entwicklungsländergruppe G77, Ahmadou Sebory Toure aus Guinea, forderte mehr Geld für die Anpassung an die Erderwärmung und zur Kompensation klimabedingter Schäden und Verluste. „Sonst scheitert Glasgow“, sagte er und kritisierte „leere Versprechungen“ der Industriestaaten.
Bei vergangenen Gipfeln hatten die Industriestaaten zugesichert, von 2020 bis 2025 jährlich 100 Milliarden Dollar an Klima-Hilfen in armen Staaten bereitzustellen. OECD-Berechnungen zeigen, dass das Versprechen bislang unerfüllt ist. Kanada und Deutschland haben deshalb vor dem Gipfel einen Plan vorgestellt, wie das Finanzierungsziel bis spätestens 2023 erreicht werden kann.
Wie Oxfam-Finanzexperte Jan Kowalzig erläuterte, wünschen sich nun die Industrieländer, dass ihre Bemühungen in der Abschlusserklärung des Gipfels anerkannt werden. Die armen Länder verlangten im Gegenzug eine Zusage der reichen Staaten, mehr Mittel als Haushaltszuschüsse und für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels bereitzustellen.
Bislang werden mehr als 70 Prozent der staatlichen Klimahilfen als Kredite zur Verfügung gestellt. Außerdem fließt etwa nur ein Viertel der Gelder in Anpassung, der Großteil dagegen in Klimaschutzmaßnahmen wie den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Kowalzig ergänzte, dass die Entwicklungsländer darüber hinaus gesonderte Mittel zum Ausgleich für klimabedingte Schäden verlangen, die etwa durch Hochwasser, Stürme und Ernteausfälle entstehen. „Dazu sollte das Abschlussdokument einen Passus enthalten“, forderte er. Das Pariser Klimaabkommen sieht finanzielle Unterstützung für Klimaschutz und Anpassung vor, nicht aber explizit für den Umgang mit Verlusten.
Die Bundesregierung sagte bei dem Gipfel zu, ihre Beiträge zu zwei Fonds zu erhöhen, die armen Staaten bei der Bewältigung der Klimakrise helfen sollen. In den internationalen Anpassungsfonds fließen demnach zusätzliche 50 Millionen Euro, damit steigt der deutsche Beitrag für diesen Topf auf 440 Millionen Euro. Weitere 100 Millionen Euro sollen in einen Fonds für die am wenigsten entwickelten Länder eingezahlt werden. Dadurch erhöht sich die deutsche Unterstützung für dieses Finanzierungsinstrument auf 500 Millionen Euro.
In einer Rede vor den Delegierten hob der frühere US-Präsident Obama das Klimaschutz-Engagement junger Menschen hervor. „Die Welt ist voller Gretas“, sagte er mit Blick auf die „Fridays for Future“- Gründerin Greta Thunberg. Die meiste Energie im Kampf gegen die Erderwärmung gehe von jungen Menschen aus: „Der Grund ist klar, für sie steht am meisten auf dem Spiel.“
„Ihr habt das Recht, frustriert zu sein“, sagte Obama an die Adresse der Jugend. Seine Generation habe nicht genug getan, um das Problem des Klimawandels anzugehen. Er forderte Jugendliche auf, sich auch durch Wählen Gehör zu verschaffen: „Wählt, als ob Euer Leben davon abhängt!“, appellierte er. Regierungen handelten nur dann, wenn sie Druck verspürten.
Die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte der Deutschen Welle am Sonntagabend, die UN-Klimakonferenz habe schon einige Ergebnisse gebracht. „Aber aus der Perspektive junger Leute geht es berechtigterweise immer noch zu langsam.“ Merkel erklärte: „Und dann sage ich den jungen Leuten: Sie müssen Druck machen.“