Berlin (epd). Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich alarmiert über die steigende Zahl von Migranten aus Belarus geäußert und plädiert für ein konsequentes Auftreten an der polnischen EU-Außengrenze. Er unterstütze die polnische Regierung bei der Abwehr der irregulären Migration, sagte Seehofer am Mittwoch in Berlin. Aus Belarus finde eine „staatlich organisierte, zumindest unterstützte Schleusertätigkeit statt“, sagte Seehofer. Dieses Vorgehen könne man „unter keinen Umständen billigen“. Dabei schloss er auch Zurückweisungen von Asylsuchenden nicht aus.
Seit August kommen vermehrt Flüchtlinge und Migranten in Deutschland an, die über Belarus in die EU gelangten. Die EU wirft dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko vor, die Menschen absichtlich in sein Land zu holen und weiterzuschicken, um die EU unter Druck zu setzen. Außenminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete Lukaschenko als „Chef eines staatlichen Schleuserrings“.
Laut Bundespolizei kamen bislang 5.665 Menschen aus Belarus über Polen nach Deutschland, davon allein in diesem Monat bislang 3.262. Im September waren es rund 1.900 sogenannte unerlaubte Einreisen. Belarus lässt derzeit Menschen aus vielen anderen Ländern ohne Visum ins Land. Seehofer zufolge können inzwischen auch Menschen aus Iran, Pakistan, Südafrika und Jordanien visumsfrei nach Belarus einreisen. Die EU will dem Vorgehen Lukaschenkos vor allem außenpolitisch begegnen. Im Gespräch sind weitere Sanktionen. Gespräche gibt es aber auch mit den Herkunftsstaaten der Migranten. Seehofer sagte, es sei gelungen, mit dem Irak zu vereinbaren, dass von dort bis Ende des Jahres keine Menschen mehr nach Belarus geflogen werden.
Seehofer zufolge sind zur Kontrolle der Migrationsbewegungen an der deutsch-polnischen Grenze gemeinsame Grenzbegehungen mit Beamten des Nachbarlandes geplant. Zurückweisungen an der Grenze schloss Seehofer jedoch aus. Es gehe bei den Patrouillen darum, die Menschen zu identifizieren, sagte er. Eine Grenzschließung soll es nicht geben.
Einen Vergleich mit der Fluchtbewegung in den Jahren 2015 und 2016 wies Seehofer mit Verweis auf die Höhe der Zahlen zurück. Damals kamen Hunderttausende nach Deutschland. Bis Ende September dieses Jahres seien dagegen rund 80.000 Asylanträge von Menschen eingegangen, die neu nach Deutschland gekommen sind. Insgesamt gab es bis Ende September rund 100.000 Asyl-Erstanträge, rund 20.000 davon wurden aber gestellt für Kinder von Menschen mit einem Flüchtlingsstatus, die bereits in Deutschland geboren wurden.
Den Hauptteil der Antragsteller machen Seehofer zufolge Menschen aus, die bereits in Griechenland einen Asylantrag gestellt haben. Dies seien in diesem Jahr rund 34.000 Menschen. Der Bundesinnenminister setzt sich nach eigenen Worten für einen Vertrag mit Griechenland ein, der finanzielle Unterstützung von deutscher Seite vorsieht. Als Gegenleistung soll das Land Flüchtlinge zurücknehmen. Für den Fall, dass der Vertrag nicht unterzeichnet wird, drohte Seehofer mit Zurückweisungen von Flüchtlingen, die aus Griechenland auf einem deutschen Flughafen ankommen. Dies sei auf Bitten der Griechen vormals beendet worden. Er werde die Maßnahme aber wieder ergreifen, wenn es nicht zu einem Konsens kommt, sagte Seehofer.