Frankfurt a.M. (epd). „Mut und Wut“ - beide Gefühle habe sie empfunden, kurz bevor sich Bischöfe und katholische Laien zum zweiten Mal trafen, um über Kirchenreformen zu beraten, verriet die Benediktinerschwester Philippa Rath am Freitag in Frankfurt am Main. Rath ist Delegierte des katholischen Reformprozesses Synodaler Weg und setzt sich zusammen mit 215 Teilnehmern, darunter 66 anwesende Bischöfe, dafür ein, die katholische Kirche aus der Missbrauchskrise herauszuführen. Doch das ist mühsam: Vergangene Woche hatte der Vatikan bekannt gegeben, dass der Erzbischof von Köln, Kardinal Rainer Maria Woelki, und zwei seiner Weihbischöfe, trotz Fehlern im Umgang mit Missbrauchsfällen im Amt bleiben sollen. Das habe sie ernüchtert, sagte Rath. Woelki war auch in Frankfurt erschienen.
Mutig und wütend - ein Zustand, für den in der Corona-Pandemie das Wort „mütend“ erfunden wurde. Dieses Adjektiv gebrauchte auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, in seiner Funktion als Präsident des Synodalen Wegs zur Zustandsbeschreibung vieler Gläubiger an der Kirchenbasis. Mütend, aber trotzdem engagiert beraten die Laien nun mit Bischöfen und Klerikern über die Demokratisierung der Kirche, über Macht- und Gewaltenteilung, über mehr Gleichberechtigung von Frauen bei der Ausübung kirchlicher Ämter und über die Änderung der katholischen Lehre über Sex und Geschlechter.
„Ich lasse mir meine Heimat Kirche nicht einfach nehmen“, betonte Sarah Henschke, Gemeindereferentin aus dem Bistum Trier und ebenfalls Synodale. Für sie sei es keine Lösung, aus der Kirche auszutreten. „Wir müssen die Probleme lösen.“ Und so ist es gerade der Mut der Frauen, für ihre Gleichberechtigung in der katholischen Kirche zu kämpfen, die diese Synodalversammlung in Frankfurt prägen.
Für den Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und zweiten Präsidenten des Synodalen Wegs, Georg Bätzing, ist die Beteilung von Frauen an kirchlichen Ämtern die Zukunftsfrage der katholischen Kirche, wie er erneut betonte. Eng damit verknüpft ist ein neuer Umgang mit Macht, die in der katholischen Kirche mit der Weihe zusammenhängt.
Eine deutliche Mehrheit von Bischöfen und Laien verabschiedete am Freitag einen Grundlagentext zum Thema Macht- und Gewaltenteilung, der demokratische Strukturen für die kirchliche Strukturen fordert. Von 215 Stimmberechtigten stimmten 164 für den Text, 30 dagegen, und acht enthielten sich.
Die Beratung über einen Text, wonach Laien bei der Berufung von Bischöfen beteiligt werden wollen, wurde am Freitag aus Zeitgründen vertagt. Bei der zweiten Synodalversammlung des Synodalen Wegs, die bis Samstag in Frankfurt am Main tagt, liegen rund ein Dutzend Texte und Reformvorschläge zur ersten Lesung vor. Zur Weiterarbeit reicht eine einfache Mehrheit in der ersten Lesung. In der zweiten Lesung, die Anfang Februar 2022 auf der dritten Synodalversammlung erfolgen soll, ist dann sowohl eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Delegierten als auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Bischöfe nötig, damit die Reformen verabschiedet werden.
Unter denen, die in der vorangegangenen Aussprache angekündigt hatten, gegen den Grundlagen-Text zu stimmen, war auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, der als scharfer Kritiker des Reformdialogs zwischen Bischöfen und Laien gilt. Der Text habe „erhebliche theologische Mängel“, sagte er in der Synodalversammlung. Voderholzer hatte zuvor beantragt, einen Alternativtext, den er mit weiteren Kritikern gemeinsam verfasst hatte, als neue Diskussionsgrundlage zuzulassen. Dieser Antrag wurde mit deutlicher Mehrheit von 162 Stimmen abgelehnt.
Sie wünsche sich, dass die Bischöfe „klare Kante“ zeigten, sagte Philippa Rath. Es sei wichtig für die weitere Arbeit im Reformprozess zu wissen, wie die Bischöfe zu den einzelnen Reformvorhaben stehen. Es sei wichtig, damit man wisse, wo noch Überzeugungsarbeit zu leisten sei.