Berlin (epd). In vielen Krankenhäusern fehlen Pflegekräfte. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) warnte am Donnerstag in Berlin, sogar Untergrenzen würden nicht eingehalten. Zwölf Prozent aller Schichten in 1.300 Krankenhäusern, für die solche Untergrenzen gelten, seien nicht ausreichend mit Pflegekräften besetzt. Auf Stationen, die Schlaganfall-Patienten behandeln, werde sogar in jeder fünften Schicht die vorgeschriebene Mindestzahl an Pflegekräften nicht erreicht, kritisierte Vorstandsmitglied Stefanie Stoff-Ahnis und sprach von „einer gesundheitsgefährdenden Zumutung“.
Pflegepersonaluntergrenzen gelten nicht überall in den insgesamt rund 1.900 Kliniken in Deutschland, sondern nur in bestimmten Bereichen, darunter Neurologie, Intensivstationen, Unfall- und Herzchirurgie oder Kinderstationen. Die Untergrenzen sollen verhindern, dass Personalmangel Patienten gefährdet, sie bilden aber nicht den tatsächlichen Personalbedarf ab, der höher liegt. Stoff-Ahnis forderte, zumindest die Untergrenzen müssten für alle und nicht nur für einige Bereiche gelten.
Einen Grund für die Personalknappheit in der Krankenhaus-Pflege sehen die Krankenkassen darin, dass zu viele Operationen stationär erfolgen, die ambulant abgewickelt werden könnten. Das zeige die hohe Zahl von Patienten, die nach einer Operation nur für eine Nacht im Krankenhaus bleiben, erklärte der Verband. Im Jahr 2019 seien es vier Millionen Patienten gewesen. Durch medizinisch nicht notwendige stationäre Behandlungen verschafften sich die Kliniken zusätzliche Einnahmen und blockierten damit zugleich Pflegekräfte, die an anderer Stelle fehlten.
Um einen Anreiz zu setzen, dass Krankenhäuser wieder mehr Pflegekräfte beschäftigen, hatte die Koalition zu Beginn der Legislaturperiode beschlossen, dass alle Stellen für Pflegekräfte refinanziert werden. Zuvor gab es Obergrenzen. Nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) führte das von 2019 bis 2020 zur Einstellung von 18.500 zusätzlichen Kräften. Gleichwohl bleiben laut DKG weiterhin viele Stellen unbesetzt, weil es an Bewerberinnen und Bewerbern fehlt. Die Corona-Pandemie rückte besonders den Personalmangel auf Intensivstationen in den Fokus. Nach Angaben der Fachverbände fehlen bundesweit 3.500 bis 4.000 Intensiv-Pflegekräfte.
Bis Ende 2024 soll ein bundesweit einheitliches Verfahren entwickelt werden, um den Bedarf an Pflegepersonal für jedes Krankenhaus zu bestimmen. Danach soll sich dann auch die Refinanzierung der Lohnkosten durch die gesetzliche Krankenversicherung richten.