Stuttgart, Bielefeld (epd). Menschen treten einer Untersuchung zufolge überwiegend aus der evangelischen Kirche aus, wenn sie distanziert zum christlichen Glauben stehen oder wenn sie die Kirchensteuer sparen wollen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Pilotstudie der evangelischen Landeskirchen in Württemberg und Westfalen, die am Mittwoch in Stuttgart vorgestellt wurde. 256 ehemalige Kirchenmitglieder in Württemberg und 208 in Westfalen wurden dafür telefonisch nach ihren Austrittsmotiven befragt.
Rund 60 Prozent finden es trotz ihres Austritts wichtig, dass es die evangelische Kirche gibt. Das gelte sowohl für jüngere als auch für ältere Befragte, betonte die Evangelische Kirche von Westfalen. Der Untersuchung zufolge verlassen die wenigsten Menschen aus einem konkreten Anlass die Kirche. Meistens sei es vielmehr das Ergebnis eines längeren Prozesses. Am ehesten sind es demnach die über 40-Jährigen, die der Kirche den Rücken kehren, weil sie sich beispielsweise über eine kirchliche Aussage zur Seenotrettung oder über das Verhalten eines Mitarbeiters geärgert haben.
Weit häufiger führe dagegen der persönliche Glaubensverlust oder eine Nutzen-Abwägung, wie sie etwa bei der Kirchensteuer zum Ausdruck komme, zum Ende der Mitgliedschaft, erläuterte der Chef-Statistiker der württembergischen Landeskirche, Fabian Peters. Beiden Motiven hätten rund drei von vier Befragten zugestimmt.
Eine Abwanderung in Freikirchen ist der Umfrage zufolge mit dem Kirchenaustritt nicht verbunden. Zahlenmäßig sei ein Konfessionswechsel ein Randphänomen. Die Studie soll nun weitergeführt und wissenschaftlich ausgewertet werden.
Bundesweit sank im vergangenen Jahr die Zahl der Angehörigen der evangelischen Kirche auf rund 20,2 Millionen (2019: 20,7). Rund 22,2 Millionen Menschen gehörten der katholischen Kirche an (2019: 22,6). Aus den 20 evangelischen Landeskirchen traten 220.000 Menschen aus, ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent.