Hamburg (epd). Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) rechnet damit, dass in etwa zwei Jahren ein Lieferkettengesetz auf EU-Ebene beschlossen wird. In Brüssel sei bereits ein erster Entwurf erarbeitet worden, der das deutsche Gesetz zum Vorbild habe, sagte Müller am Dienstag beim digitalen Deutschen Wirtschaftsforum in Hamburg. Es sei bemerkenswert, dass bei den Diskussionen zum deutschen Lieferkettengesetz nur die Wirtschaftsverbände Widerstand geleistet hätten. Die Unternehmen selbst würden offenbar vor allem die Chancen des Gesetzes sehen, weil es den fairen Wettbewerb stärke.
Die Corona-Krise habe die Vorteile von nachhaltiger Produktion noch einmal deutlich gemacht, betonte Müller. Lieferketten seien in der Regel nur dort zusammengebrochen, wo die Kooperation nicht langfristig aufgebaut gewesen sei. Nachhaltigkeit werde in Zukunft eine „Marke“ sein, die sich für die Firmen auszahlen könnte. Müller prognostizierte eine ähnliche Entwicklung wie bei der „Bio-Welle“: Vor 25 Jahren seien Bio-Produkte noch Nischenware gewesen. Heute würden sie auch im Supermarkt angeboten.
Die Digitalisierung mache es möglich, Lieferketten auch in armen Ländern zu verfolgen, erklärte Müller. Sierra Leone gehöre zu den ärmsten Ländern und sei bekannt für seine „Blutdiamanten“. Ihm sei bei seinem Besuch demonstriert worden, dass heute von jedem Diamanten verfolgt werden könne, aus welcher Mine er stammt. Er sei fest davon überzeugt, dass mit Hilfe von fairen Lieferketten eine „Welt ohne Hunger“ möglich sei.
Nach dem im Juni beschlossenen Lieferkettengesetz müssen große Firmen in Deutschland ab 2023 bei Menschenrechtsverletzungen durch ihre ausländischen Zulieferer mit hohen Bußgeldern rechnen. Wer Ausbeutung von Menschen oder umweltschädliche Praktiken billigend in Kauf nimmt, kann außerdem bis zu drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden. Neben deutschen Firmen sind auch ausländische Unternehmen mit Zweigniederlassung oder Tochterunternehmen in Deutschland einbezogen.