Ein Ginkgo-Baum zum Start: Mit einer Pflanzaktion und Segenswünschen verschiedener Religionen ist am Montagabend das "Haus der Kulturen und Religionen München" (HdKRM) in der evangelischen Nazarethkirche Bogenhausen in die Erprobungsphase gegangen. Der Münchner Regionalbischof Christian Kopp sagte in seinem Grußwort, dass Kulturen und Religionen einen Beitrag zu einer friedlichen Welt leisten könnten. "Dafür brauchen wir solche Orte, und dafür brauchen wir die Stimmen aller Religionen", so der Theologe.
Weltweit gibt es etwa zwölf ähnliche Projekte, zum Beispiel in Bern, Berlin und London. Zu den Plänen des Münchner Hauses der Kulturen gehören neben den Begegnungsräumen in der Nazarethkirche auch ein Wohnheim für internationale Studenten und die Möglichkeiten, einen Masterabschluss in interreligiösen Studien zu machen. Die Finanzierung ist noch offen. Bislang engagieren sich Christen, Juden, Muslime, Aleviten, Buddhisten und Hindus in dem Projekt. Als Vorstandssprecher vertreten Martin Rötting, Professor für "Religious Studies" in Salzburg, Rabbiner Steven Langnas von der jüdischen Gemeinde München und Gönül Yerli, Vizedirektorin der Islamischen Gemeinde Penzberg, den Verein nach außen.
Kirche verwandelt sich in interreligiöses Zentrum
Zum Auftakt der Probephase pflanzten Vertreter verschiedener Münchner Religionsgemeinschaften einen Ginkgo-Baum vor der Nazarethkirche. Rabbiner Steven Langnas bezeichnete es als anspruchsvolles Projekt, "eine etablierte Kirche in ein interreligiöses Zentrum zu verwandeln". Das evangelische Dekanat München hatte dem HdKRM-Verein eine Kooperation mit der Nazarethkirche angeboten, weil der Erhalt des Gotteshauses nach der Fusion der Bogenhausener Gemeinde mit der Immanuelkirche Denning auf Dauer nicht mehr finanziert werden kann. Am Ende der Probephase könnte das Haus der Kulturen Mieter und später auch Träger der Nazarethkirche werden.
"Bildung ist die effektivste Form, gegen alle Arten von Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus zu kämpfen", sagte Langnas. Die jüdischen Gemeinden in München seien "froh und dankbar", dass es mit dem Haus der Kulturen eine weitere Bildungseinrichtung gebe, die Aufklärung, Wissensvermittlung und Dialog fördere. Oberbürgermeister Dieter Reiter, der sich entschuldigen ließ, bezeichnete das Zentrum in seinem schriftlichen Grußwort als "Leuchtturmprojekt für das interkulturelle und interreligiöse Miteinander" in der Stadt.
Peter Klitsch, Archimandrit der griechisch-orthodoxen Salvatorkirche München, verlieh der Hoffnung Ausdruck, dass durch das Haus der Kulturen "Fremde zu Freunden, zu Brüdern" würden, die füreinander "nicht nur Toleranz und Achtung, sondern Liebe empfinden". Aykan Inan vom Muslimrat München betonte, dass der Koran Muslime dazu auffordere, gute Beziehungen zu Juden und Christen einzugehen. "Das Haus der Kulturen trägt dazu bei", so der Geschäftsführer des Ditib-Landesverbands Südbayern.