Berlin (epd). Das Bundesgesundheitsministerium hat Kritik an Plänen zur Verwendung offenbar unbrauchbarer Masken zurückgewiesen. „Entscheidungen über die Vernichtung von Warenbeständen hat die Bundesregierung nicht getroffen. Insofern trifft die entsprechende Berichterstattung nicht zu, uns ist auch die Grundlage dieser Berichterstattung nicht bekannt“, erklärte die Behörde von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Samstag in Berlin.
Das Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hatte zuvor berichtet, dass Spahns Ministerium Anfang 2020 für schätzungsweise eine Milliarde Euro unbrauchbare Masken gekauft habe. Weil sie offenbar regulär nicht verteilt werden durften, wollten Spahns Leute sie demnach in Sonderaktionen an Hartz-IV-Empfänger, Behinderte und Obdachlose abgeben. Inzwischen sehe der Plan vor, die Masken in der Nationalen Reserve Gesundheitsschutz einzulagern und später zu vernichten.
Aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) hieß es, die Behörde habe strikt auf die Qualität der Masken geachtet. „Soweit das BMG bei seinen Testverfahren die Mangelhaftigkeit von Material festgestellt hat, hat es die Ware nicht abgenommen und nicht bezahlt.“ Bei der kostenlosen Verteilung von Masken an Einrichtungen der Obdachlosen- und Eingliederungshilfe habe jederzeit der bestmögliche Schutz der dort lebenden Bürgerinnen und Bürger und der Beschäftigten im Vordergrund gestanden. Für die Bezieher von Arbeitslosenhilfe sei die Verteilung von Masken über die Apotheken erfolgt, diese hätten die Masken selbst beschafft.
„Diese Vorgänge im Bundesgesundheitsministerium sind ungeheuerlich und menschenverachtend“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil dem „Spiegel“. „Der Minister muss sich dazu schnellstmöglich erklären, er kann hier nicht mit dem Finger auf andere zeigen.“ Die „Liste an Fehlern, die Jens Spahn in der Pandemie zu verantworten hat“, werde immer länger. Der neue Fall könne „nicht ohne Konsequenzen bleiben, wenn Menschen hier wie zweiter Klasse behandelt werden“.
Linken-Chefin Janine Wissler sagte dem „Spiegel“, ein Minister, der bereit sei, diese vulnerablen Gruppen bewusst zu gefährden, sei „nicht tragbar“. Der Linken-Gesundheitsexperte Achim Kessler forderte einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK Deutschland, Verena Bentele, sagte dem Nachrichtenmagazin, das Verhalten im Ministerium zeuge „von einem inakzeptablen Menschenbild“. Der Sozialverband Deutschland SoVD in Niedersachsen sprach von Zynismus. „Die minderwertigen Masken ausgerechnet an die verwundbarsten Gruppen unserer Gesellschaft verteilen zu wollen, zeugt von einem zutiefst verachtenden Menschenbild“, sagte der Landesvorsitzende Bernhard Sackarendt in Hannover.