Oberbürgermeister Mädge: Hass-Kampagnen gegen Politiker nehmen zu

Oberbürgermeister Mädge: Hass-Kampagnen gegen Politiker nehmen zu
01.06.2021
epd
epd-Gespräch: Julia Pennigsdorf

Lüneburg (epd). Der Ton, in dem Kommunalpolitikerinnen und -politiker kritisiert werden, hat sich nach Ansicht des Lüneburger Oberbürgermeisters Ulrich Mädge (SPD) in den vergangenen fünf bis zehn Jahren stark zum Negativen verändert. Beleidigungen, Verunglimpfungen und Drohungen gehörten inzwischen fast schon zur Tagesordnung, sagte Mädge (70) dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Man hat das Gefühl, die haben alle ihre Kinderstube vergessen.“

Mägde steht seit 30 Jahren an der Spitze der Hansestadt und war zudem viele Jahre Präsident des Niedersächsischen Städtetages. Er forderte, konsequenter gegen Hass und verbale Gewalt vorzugehen. Andernfalls würden das gesellschaftliche und politische Engagement weiter zurückgehen. „Das gefährdet unsere Demokratie“, unterstrich Mädge.

Nach einer Untersuchung der Hamburger Körber-Stiftung sind 57 Prozent der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Deutschland schon einmal beleidigt, bedroht oder tätlich angegriffen worden. Mädge überrascht das nicht. „Seit die sozialen Medien immer größeren Raum einnehmen, wo jeder anonym schreiben kann, was er will, steigern sich verbale Entgleisungen, Beleidigungen und Beschimpfungen ins Bodenlose“, sagte der Kommunalpolitiker.

Habe es früher Leserbriefe oder mal einen anonymen Schmähbrief gegeben, so seien es heute gezielte, zum Teil professionell organisierte Hass-Kampagnen gegen kommunale Amtsträger. „Vieles von dem, was da geäußert wird, ist menschenverachtend - einfach die allerunterste Schublade“, sagte Mädge.

Inzwischen sei es so weit, dass manche Menschen sich nicht mehr trauten, sich zu wehren oder anderen beizuspringen - aus Angst selbst zum Opfer von Attacken zu werden. Nachwuchspolitikerinnen und -politikern empfiehlt Mädge, sich ein dickes Fell zuzulegen - und „eine gute Rechtsanwaltskanzlei“. Er begrüßte die Initiative „Stark im Amt“, die der Städte- und Landkreistag, der Städte- und Gemeindebund und die Körber-Stiftung jüngst ins Leben gerufen haben, um Kommunalpolitikern bei Problemen mit Hass und Gewalt mit Rat und Tat zu Seite zu stehen: „Wir müssen den Nachwuchs auf solche Herausforderungen vorbereiten und und sie entsprechend schulen.“