Diskussion um Impfungen von Kindern geht weiter

Diskussion um Impfungen von Kindern geht weiter
Ärztepräsident: Kein Druck auf Eltern beim Impfen
Vorgriffsrecht für junge Menschen, mehr Sachlichkeit in der Debatte und Kritik am Handeln von Bund und Ländern: Die Debatte um Corona-Impfungen geht weiter. "Bund und Länder müssen Tacheles reden", fordert der Städtetag.

Düsseldorf, Berlin (epd). Nach dem Impfgipfel von Bund und Ländern geht die Diskussion um Corona-Impfungen von Kindern und Jugendlichen weiter. „Es gehen zu viele Argumente durcheinander, die nicht zusammengehören, und natürlich steht auch der Wahltag vor der Tür“, sagte der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstag). In der Debatte erhoffe er sich „Abkühlung und rationales Denken“. Grüne und Linke kritisierten die Ergebnisse des Gipfels, der Deutsche Städtetag warnte vor „enttäuschten Hoffnungen“ und Ärztepräsident Klaus Reinhard vor politischem und gesellschaftlichem Druck auf Eltern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten hatten sich am Donnerstag darauf verständigt, dass sich Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren bald gegen das Coronavirus impfen lassen könnten. Sie sollen sich ab dem Ende der Priorisierung, also ab dem 7. Juni, um einen Impftermin bei den niedergelassenen Ärzten oder auch in den Impfzentren bemühen können. Hintergrund ist, dass Biontech/Pfizer einen Zulassungsantrag für seinen SARS-CoV2-Impfstoff für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren gestellt hat.

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch bezeichnete den Impfgipfel in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag) als „Gipfel der Enttäuschung“. „Dass bis heute nicht alle Risikopersonen geimpft sind und ein Angebot an die mittelalte Generation fehlt, ist eine bittere Nachwirkung des Beschaffungsdebakels“, kritisierte er.

Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt bezeichnete die Ergebnisse in den Funke-Zeitungen als enttäuschend. „Zusätzlichen Impfstoff, den Jens Spahn vor kurzem noch in Aussicht gestellt hat, gibt es nun ganz offenbar doch nicht“, kritisierte sie. „Mal wieder weckte der Gesundheitsminister falsche Erwartungen und hat es versäumt, vorausschauend zu handeln.“ Der CDU-Politiker müsse nun sicherstellen, dass Jugendliche mit Vorerkrankungen, die einer Risikogruppe angehörten, mit hoher Priorität ein Impfangebot erhielten. Ihre Eltern könnten dann „am besten gleich mitgeimpft werden“, sagte Göring-Eckardt.

Die Bundesschülerkonferenz forderte in den Funke-Zeitungen ein Vorgriffsrecht für junge Menschen auf den Biontech-Impfstoff. „Junge Menschen müssen auch die Möglichkeit bekommen, sich und ihre Mitmenschen mit einer Impfung zu schützen“, sagte der Generalsekretär Dario Schramm. Zudem kritisierte er die Aufhebung der Impfpriorisierung. Denn auch vorerkrankte junge Menschen über 16 versuchten seit Wochen, einen Termin zu bekommen. „Durch die Aufhebung der Priorisierung wird das Gerangel noch größer und damit die Hoffnung auf einen zeitnahen Termin immer geringer“, sagte er.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, bezeichnete es zwar als gut, dass Schülerinnen und Schülern eine Impfung ermöglicht werden solle. Der Impfstoff sei aber so knapp, dass er zurzeit gerade einmal für die Zweitimpfungen reiche, sagte er den Funke-Zeitungen. „Bund und Länder müssen Tacheles reden und klar und ehrlich sagen, dass es noch Wochen dauert, bis jeder, der will, geimpft werden kann“, unterstrich Dedy. „Denn enttäuschte Hoffnungen kosten Vertrauen.“

Ärztepräsident Klaus Reinhardt sagte der „Rheinischen Post“ (Freitag), dass es richtig sei, dass die Stiko mit Bedacht analysiere, wie groß die Gefährdung der Kinder durch Sars-CoV-2 tatsächlich sei. „Die Datenlage zu Risiken und Nutzen einer möglichen Corona-Impfung bei Kindern und Jugendlichen ist derzeit noch so unzureichend, dass man keine Empfehlung abgeben kann“, betonte er. „Es sollte jetzt auch kein politischer und gesellschaftlicher Druck ausgeübt werden, Eltern zur Impfung ihrer Kinder zu drängen.“ Auf keinen Fall dürfe die Teilnahme am Präsenzunterricht von einer Impfung abhängig gemacht werden.