Direktor Bülent Ucar: Islamkolleg ist ein "Meilenstein"

Direktor Bülent Ucar: Islamkolleg ist ein "Meilenstein"
28.05.2021
epd
epd-Gespräch: Martina Schwager

Osnabrück (epd). Der Islamische Theologe Bülent Ucar hat den Start des bundesweit einzigen Islamkollegs in Osnabrück als „absoluten Meilenstein“ für die Anerkennung und die Beheimatung des Islam in Deutschland bezeichnet. Die praxisorientierte Ausbildung für angehende Imame und Seelsorgerinnen sei der logische und notwendige zweite Schritt nach der akademischen Ausbildung, sagte der Direktor des Deutschen Islamkollegs dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch wenn die Gründung einer solchen Ausbildungsstätte im Sinne der Gleichberechtigung des Islam mit anderen Religionsgemeinschaften viel früher hätte kommen müssen, sei sie doch „ein Riesenerfolg“.

Am Islamkolleg werden künftig Männer und Frauen aus dem gesamten Bundesgebiet, die ein Theologiestudium abgeschlossen haben und als Vorbeter oder Seelsorgerinnen arbeiten wollen, auf ihren Dienst in den Moscheegemeinden vorbereitet. Es ist die erste deutschsprachige und verbandsunabhängige Einrichtung dieser Art in Deutschland. Sie wird vom Bund und dem Land Niedersachsen finanziert - ohne inhaltliche Einmischung. Die Imame der weitaus meisten der rund 2.500 Moscheegemeinden in Deutschland stammen aus dem Ausland, vornehmlich der Türkei, und wurden auch dort ausgebildet.

Ucar sagte, im ersten Jahrgang würden etwa 35 Kollegiaten ausgebildet. Das Kolleg könne problemlos auch die doppelte Anzahl aufnehmen. Es fehle allerdings an geeigneten Bewerbern. Die Absolventen hätten keine guten Berufsaussichten. Die meisten Gemeinden könnten es sich nicht leisten, einen gut ausgebildeten Imam zu bezahlen: „Für die Menschen, die sich auf die Ausbildung bei uns einlassen, ist es letztlich ein Wagnis. Sie haben momentan keinerlei berufliche Garantien“, sagte Ucar, der auch das Institut für Islamische Theologie der Uni Osnabrück leitet.

Der Direktor forderte deshalb die Politik auf, eine Regelung zur finanziellen Unterstützung derjenigen Moscheegemeinden zu schaffen, die bereit seien, ihre Imame in Deutschland ausbilden zu lassen. Er schlug vor, der Staat sollte die Integrations- und soziale Arbeit der Moscheegemeinden finanzieren. Auch die Kirchen und jüdischen Verbände würden etwa über die Wohlfahrtsverbände und soziale Einrichtungen wie Kitas und Pflegeheime mit Milliardenbeträgen querfinanziert. „Hier darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden“, sagte er. Die Unterstützung würde die Gemeinden entlasten, so dass sie Imame und Seelsorgerinnen einstellen und bezahlen könnten.