"Selbstverständlich gehört der assistierte Suizid nicht in das reguläre Aufgabenportfolio der Diakonie, er kann immer nur äußerster Grenz- und Ausnahmefall sein", schreiben die Bochumer Theologin Isolde Karle, Diakonie-Präsident Ulrich Lilie und der Münchner Theologe Rainer Anselm in einem in der "Frankfurter Allgemeinen" (25.5.) veröffentlichten Gastbeitrag.
Anselm, Karle und Lilie hatten mit einem Gastbeitrag in dergleichen Zeitung im Januar zum Thema assistierter Suizid eine innerkirchliche Debatte ausgelöst. Sie hatten sich darin für die Möglichkeit zur Suizidassistenz in diakonischen Einrichtungen ausgesprochen. Die offizielle Haltung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) lehnt organisierte Suizidassistenz bislang ab - unabhängig davon, in welcher Einrichtung sie stattfindet. Auch die katholische Kirche ist gegen Sterbehilfe.
"Behutsame Beratung und Seelsorge"
Ausgelöst wurde die Debatte durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020, das das Verbot organisierter - sogenannter geschäftsmäßiger - Hilfe bei der Selbsttötung kippte, das 2015 vom Bundestag beschlossen worden war.
Nach innerkirchlicher Kritik nehmen die drei Autoren erneut Stellung. Sie wollten den Fokus auf ein Schutzkonzept legen und eine mögliche Suizidassistenz ausschließlich auf die Situation schwerst- und sterbenskranker Menschen beziehen. "Wir teilen die Ansicht, dass der assistierte Suizid die Ausnahme bleiben muss", schreiben Anselm, Karle und Lilie. Für ein Schutzkonzept seien die "behutsame Beratung und Seelsorge" in diakonischen Einrichtungen grundlegend. Dadurch würden Suizidwünsche nicht länger verschwiegen, sondern könnten ausgesprochen und dadurch bearbeitet werden. "Ein offenes Gespräch dient viel besser der Suizidprophylaxe als eine Tabuisierung von Suizidwünschen", schreiben die Autoren.
Aus christlicher Sicht gebe es zwar ein uneingeschränktes Recht auf Leben, aber keine Pflicht zum Leben. Eine Person dürfe nicht gegen ihren ausdrücklichen Willen zum Weiterleben gezwungen werden, erklärten die drei Theologen. "Nur wenn Diakonie und Seelsorge jede Form der Belehrung und jede Attitüde moralischer Überlegenheit vermeiden, wird sich ein suizidwilliger Mensch ernstgenommen fühlen und gegebenenfalls nochmals über seine Entscheidung nachdenken."
Der Präsident des Deutschen Caritasverbands Peter Neher bekräftigte seine Ablehnung einer möglichen Suizidassistenz in katholischen Einrichtungen. „Die Grundhaltung bei der Caritas ist: Suizid können wir nicht unterstützen“, sagte er laut Mitteilung in Berlin. Es könne nie ein Akt christlicher Barmherzigkeit sein, bei einem Sterbewunsch die Mittel zum Suizid bereitzustellen.