Berlin (epd). Eine von der Bundesregierung eingesetzte Fachkommission fordert einen umfassenderen politischen Ansatz zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Hauptursachen für Flucht seien Krieg, Verfolgung, Not und Perspektivlosigkeit, sagte die Kommissionsvorsitzende, DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt, am Dienstag in Berlin. Dazu kämen als Ursache der Klimawandel, schlechte Regierungsführung und demografischer Druck.
Die zweite Vorsitzende des Gremiums, die frühere Welthungerhilfe-Präsidentin Bärbel Dieckmann, sagte, physische, ökonomische und soziale Sicherheit seien Grundlage dafür, dass Menschen eine Perspektive für sich und ihre Familien haben und in ihrer Heimat bleiben. Nötig sei daher eine umfassende, ressortübergreifende Strategie zur Verhinderung von Flucht. Das Gremium legte einen Bericht mit 15 Empfehlungen vor, die schnell allerdings nicht umsetzbar sind.
Die 2019 berufene Kommission schlägt in ihrem Bericht Maßnahmen vor, die die Ursachen von Flucht und Vertreibung lindern sowie die Lage von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen verbessern sollen. Dazu zählen ein Ausbau der zivilen Konfliktbewältigung und -prävention, Unterstützung für bessere Gesundheits-, Bildungs- und Sozialsysteme, die Bekämpfung des Klimawandels, in dessen Folge Menschen nicht mehr in ihrer Heimat leben können, sowie eine restriktive Rüstungsexportpolitik.
Länder, die besonders viele Flüchtlinge beherbergen, müssten planbar unterstützt werden, fordert die Kommission. Das bedeute Zusagen für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren. Der Bericht verweist dabei insbesondere auf Länder in der Nachbarschaft von Krisenregionen.
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) lobte den Bericht. Die Umsetzung sei eine „Querschnittsaufgabe für die Zukunft“. Die aktuelle Legislaturperiode und damit auch die Amtszeit der aktuellen Regierung geht bald zu Ende. Die Kommission richtet ihre Empfehlungen im Bericht deswegen schon explizit an die nächste Regierung.
Auf die aktuelle Wahlperiode zurückblickend sagte Müller, Deutschland komme seiner internationalen Verpflichtung zum Schutz von Flüchtlingen nach. Er kritisierte aber, dass es der EU nicht gelungen sei, einen kohärenten Absatz zu entwickeln, der eine solidarische Verteilung von Flüchtlingen und eine Lösung für die Seenotrettung beinhalte. Das Mittelmeer sei noch immer ein „Meer des Todes“, beklagte Müller. Es sei zu wenig von der EU, nur den Grenzschutz auszuweiten, sagte er.
Für die Industriestaaten in der EU, die USA, Kanada und Japan empfiehlt der Bericht der Kommission eine „Allianz für Resettlement“, die die gleichnamigen Programme des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) zur Umsiedlung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge unterstützt. Diese Staaten sollten pro Jahr eine Anzahl von Flüchtlingen aufnehmen, die einem Anteil von 0,05 Prozent der Bevölkerung entspricht, heißt es in den Empfehlungen. Für Deutschland wären das rund 40.000 Aufnahmen pro Jahr. Die gesamte EU hatte für das vergangene Jahr 30.000 Resettlement-Aufnahmen zugesagt, davon Deutschland 5.500.
Dieses Jahr wolle Deutschland 6.800 Resettlement-Flüchtlinge aufnehmen, sagte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Helmut Teichmann. Ob die Aufnahme von 40.000 Menschen innerhalb dieses Programms möglich sei, müsse die nächste Bundesregierung entscheiden.