Berlin (epd). Voraussichtlich im Juni wird nach den Worten von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Impfreihenfolge aufgehoben werden können. Es sei dann nach jetzigem Wissen genug Impfstoff für alle da, die sich impfen lassen wollen, sagte Spahn am Freitag in Berlin. Er machte der Bevölkerung erneut Hoffnung auf Öffnungen und Normalisierungen im Sommer. Am Freitag trat zugleich die "Corona-Notbremse" in Kraft, womit ab Samstag, 0 Uhr unter anderem bundesweit einheitliche Vorschriften für nächtliche Ausgangssperren gelten.
Spahn sagte, das sei "ein sehr starker Freiheitseingriff". Aber Bund und Länder hätten die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen bereits im März beschlossen. Nun würden sie per Bundesgesetz umgesetzt. "Das ist hart, das fällt schwer, jedem von uns" sagte Spahn. Die Regelungen seien aber notwendig für eine Übergangszeit, um die dritte Welle der Pandemie zu brechen. Dafür seien Kontaktbeschränkungen das wirksamste Mittel. Viele hätten ihr Verhalten entsprechend verändert, sagte Spahn. Dafür sei er dankbar.
Was den Impffortschritt angeht, zeigte sich Spahn zuversichtlich. Anfang Mai werde jeder Vierte und im Verlauf des Monats jeder Dritte eine Impfung erhalten haben. Im Mai könnten überall die Menschen geimpft werden, die in der Prioritätsgruppe 3 sind, sagte Spahn. Das sind vornehmlich 60- bis 70-Jährige, Menschen mit Vorerkrankungen sowie Feuerwehrleute, Polizisten oder Verkäufer.
Im Verlauf des Juni könne dann die Priorisierung aufgehoben werden, was aber nicht bedeute, dass im Juni auch alle geimpft werden könnten, betonte Spahn. Die Priorisierung soll sicherstellen, dass diejenigen zuerst geimpft werden, die ein besonders hohes Risiko für einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung haben. Dazu zählen insbesondere Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen. Gegenwärtig sind Spahn zufolge 18,5 Millionen oder 22,2 Prozent der Bürger zum ersten Mal geimpft, sieben Prozent haben auch die zweite Impfung erhalten. Pro Tag werden derzeit mehr als eine halbe Million Menschen geimpft.
Am kommenden Montag wollen die Regierungschefs von Bund und Ländern erstmals seit dem 22. März wieder zu Beratungen über die Bekämpfung der Corona-Pandemie zusammenkommen. Wie die stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, Martina Fietz, mitteilte, soll das Thema Impfungen im Mittelpunkt stehen. Die Beteiligten wollten sich über den Fortgang der Impfkampagne austauschen sowie über den weiteren Umgang mit Geimpften, sagte Fietz.
Eine zuletzt geplante Ministerpräsidentenkonferenz war abgesagt worden, nachdem der Bund beschlossen hatte, mit einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes mehr Befugnisse bei der Bekämpfung der Pandemie an sich zu ziehen. Die sogenannte "Corona-Notbremse" war dann in dieser Woche vom Bundestag beschlossen und vom Bundesrat gebilligt worden.
In Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag dieser Woche die Ansteckungszahlen über 100 auf 100.000 Einwohner binnen einer Woche lagen, gilt damit ab Samstag, 0 Uhr die Ausgangssperre zwischen 22 Uhr und fünf Uhr morgens. Ausnahmen gibt es für die Berufsausübung, Notfälle und die Versorgung von Kindern oder Pflegebedürftigen und Tieren. Dienstreisen sind erlaubt, andere nächtliche Reisen nicht.
Verstöße gegen die Ausgangssperre würden als Ordnungswidrigkeiten geahndet, erklärte der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Steve Alter. In einigen Regionen und Städten wie Hamburg, Stuttgart oder Köln gelten bereits Ausgangsbeschränkungen. Durch die Regelungen der "Notbremse" werden Regionen, in denen es keine Ausgangssperre gibt, zur Ausnahme. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bundesweit dem Robert Koch-Institut zufolge derzeit bei 164.
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