Berlin (epd). Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten will an der Strafbarkeit organisierter Beihilfe zum Suizid festhalten und diese Form der Sterbehilfe nur unter Bedingungen erlauben. Voraussetzung wären etwa eine mehrstufige Beratung durch Ärzte und Wartefristen bis zum Aushändigen eines Medikaments, sagte der FDP-Politiker Benjamin Strasser dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er gehört zu einer Gruppe von Parlamentariern aus Union, SPD, FDP, Grünen und Linken, die in der Debatte um eine mögliche Neuregelung der Hilfe bei der Selbsttötung den Schutz verletzlicher Gruppen und Prävention hervorheben wollen. Gleichzeitig sagte Strasser, er glaube nicht, dass es noch in dieser Wahlperiode zu einer Neuregelung komme.
"Es gibt zu viele offene Fragen, als dass ein komplettes Gesetzgebungsverfahren in den verbleibenden fünfeinhalb Sitzungswochen verantwortungsvoll machbar wäre", sagte der religionspolitische Sprecher der Liberalen im Bundestag. An diesem Mittwoch gibt es im Parlament eine offene Debatte ohne Abstimmung zu dem Thema. Zwei weitere Vorschläge liegen bislang dazu vor. Gleichzeitig sei die unklare Rechtslage seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts unbefriedigend, sagte Strasser. "In der neuen Legislaturperiode muss auf jeden Fall eine Neuregelung her", sagte Strasser.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 das Verbot der organisierten - sogenannten geschäftsmäßigen - Hilfe bei der Selbsttötung gekippt. Die Richter urteilten, dass das Recht auf Selbstbestimmung auch das Recht umfasst, sich das Leben zu nehmen und dabei die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Suizidassistenz leistet, wer einem Sterbewilligen ein todbringendes Medikament überlässt, aber nicht verabreicht.
Strasser sagte, Ziel seiner Gruppe sei, den Missbrauch der im Grundsatz erlaubten Hilfe bei der Selbsttötung durch Sterbehilfevereine zu unterbinden. "Eine strafrechtliche Regelung ist dafür unabdingbar", sagte er. Gleichzeitig solle festgeschrieben werden, dass Angehörige sich nicht strafbar machen, wenn sie Suizidassistenz leisten. Ärzte würden eine zentrale Rolle spielen bei der Beratung und der Verschreibung eines Medikaments.
Die Hilfe beim Suizid müsse aber absolute Ausnahme bleiben, sagte Strasser. 80 bis 90 Prozent derer, die einen Suizidversuch überlebt haben, sähen dies im Nachhinein als einen Fehler an. Dies zeige, dass Kurzschlussreaktionen und die Beeinflussung durch Dritte verhindert werden müssten, betonte er.
Die Eckpunkte seiner Gruppe sehen nach seinen Worten daher auch eine Stärkung der Suizidprävention vor. Anders sei eine Regelung zur Suizidassistenz nicht denkbar, sagte Strasser: "Es darf nicht dazu kommen, dass es einfacher ist, einen assistierten Suizid vorzunehmen als an palliative Angebote, Sucht- oder Schuldnerberatung heranzukommen." Alles, was Suizide verhindere, müsse den Menschen mindestens gleichwertig zur Verfügung stehen.