Berlin (epd). Zwischen 2018 und 2020 sind nach der Datenanalyse eines Rechercheverbunds in Europa 18.292 unbegleitete geflüchtete Kinder und Jugendliche als verschwunden gemeldet worden. Sie waren zuvor in staatlicher Obhut. Die meisten der verschwundenen Minderjährigen stammten aus Marokko, Algerien und Eritrea, berichtet der Rechercheverbund "Lost in Europe", an dem unter anderem der britische "Guardian", der niederländische Rundfunk VPRO, der belgische "de Standaard" und der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) mitgewirkt hatten.
In Deutschland wurden demnach nach Angaben des Bundeskriminalamts zwischen 2018 und 2020 insgesamt 7.806 unbegleitete Minderjährige als vermisst gemeldet. Laut RBB kamen die meisten davon aus Afghanistan, gefolgt von Marokko und Algerien. 7.082 Mädchen und Jungen seien schließlich wieder aufgetaucht, doch von 724 fehle jede Spur.
Das BKA bezeichnet die eigenen Daten laut RBB als Näherungswerte. Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, Holger Hofmann, kritisierte dies mit scharfen Worten: "Dass das Bundeskriminalamt bei den Vermisstenzahlen der unbegleiteten geflüchteten Kinder und Jugendliche an vielen Stellen im Dunkeln tappt, ist aus Kinderschutzgründen ein Skandal."
Wie der RBB weiter berichtet, offenbart die europaweite Analyse des Rechercheverbunds eklatante Unterschiede der nationalen Statistiken: So würden Frankreich, Dänemark und Rumänien gar keine Daten zu unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen erheben, Bulgarien unterscheide nicht zwischen begleiteten und allein reisenden Kindern und Jugendlichen.