Berlin (epd). Wegen steigender Corona-Infektionszahlen mahnt die Bundesregierung zu besonderer Vorsicht an Ostern. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) richtete am Freitag in Berlin die Bitte an die Bürgerinnen und Bürger: "Wenn Sie andere treffen, dann idealerweise nur draußen, weil dort die Infektionsgefahr deutlich reduziert ist." Er mahnte auch zu kleineren Gruppen. Bei Treffen in Innenräumen sollten wiederum Schutzmasken getragen werden. Regierungssprecher Steffen Seibert rief die Menschen zum Durchhalten auf. Es sei immer entscheidend gewesen, dass alle bei den Corona-Maßnahmen mitzögen.
Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, forderte dazu auf, die Ostertage nur im kleinsten Kreis zu verbringen, ungeschützte Treffen zu vermeiden und möglichst nicht zu verreisen. "Mobilität und Kontakte sind die Treiber der Pandemie." Er erinnerte an Ostern 2020, als die Menschen sich besonders genau an die Lockdown-Regeln gehalten hätten. Damals habe man kaum einen Menschen auf der Straße angetroffen. Die damalige Bremse in der ersten Corona-Welle sei sehr effektiv gewesen, es habe sich um einen Lockdown gehandelt, der den Namen verdient habe.
Wieler sagte, dass die aktuelle dritte Welle der Pandemie schlimmer werden könnte als die ersten beiden. Wenn nicht massiv gegengesteuert werde, drohten gravierende Folgen. Er verwies auf Daten, wonach die Virusmutation B.1.1.7 etwa 30 bis 70 Prozent ansteckender sei als die ursprüngliche Variante. Sie führe zudem zu schlimmeren Krankheitsverläufen und zu mehr Todesfällen. Spahn bemühte das Bild eines Marathonlaufs. Womöglich sei man nun im letzten Teil des Pandemiemarathons angekommen, wo jeder weitere Schritt eine Tortur sei. Alle hätten gehofft, dass Ostern in diesem Jahr anders als im vergangenen Jahr sein könnte. Die Virusmutation mache nun ein Strich durch die Rechnung.
Am Freitagmorgen hatte das Robert Koch-Institut 21.573 neue Infektionen mit dem Coronavirus gemeldet. 183 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus, so dass sich die Gesamtzahl der Corona-Toten auf 75.623 Menschen erhöhte. Die Sieben-Tage-Inzidenz, die die Zahl der Ansteckungen binnen einer Woche bezogen auf 100.000 Einwohner angibt, erhöhte sich bundesweit auf 119,1.
Inzwischen liegt die Inzidenz nur noch in fünf Bundesländern unterhalb von 100, in zweien davon sehr knapp. Halten sich die Länder an die getroffenen Bund-Länder-Beschlüsse, müsste vielerorts die Corona-Notbremse gezogen und damit Lockerungen wieder rückgängig gemacht werden. Spahn appellierte an die Länder, die Notbremse "konsequent anzuwenden". Seibert sagte, es gebe ganz klar die Notwendigkeit, die Notbremse "wirkungsvoll" umzusetzen.
In Bezug auf das Impfen sicherte Spahn deutliche Verbesserungen ab April zu. Mit Stand Freitag seien in Deutschland 8,3 Millionen Menschen geimpft und zwölf Millionen Impfdosen seien verimpft worden. Allein im April würden in Deutschland 15 Millionen Impfdosen erwartet, also mehr als im ersten Quartal verimpft worden seien. Allerdings werde der Effekt der Impfungen durch aktuelle steigende Infektionszahlen geschmälert.
Er rief die Bundesländer auf, den Impfstoff der da ist, schnell zu verimpfen und wies darauf hin, dass die zweite Prioritätsgruppe "sehr, sehr groß" sei. Hier gebe es viele Impfwillige und Impfbereite. "Impftermine sind zu wertvoll, um sie verfallen zu lassen." Angesichts zahlreicher nicht wahrgenommener Impftermine riet er zu "Standby"-Lösungen oder Extraterminen an Wochenenden.
Ein Effekt der Impfungen wird bei den Hochbetagten sichtbar. So gingen die Ausbrüche in den Pflegeheimen laut Spahn deutlich zurück: "Ende des vergangenen Jahres waren es noch über 370 pro Woche, aktuell weniger als 20 pro Woche."