Ihr Klang kann anschwellen zu ohrenbetäubender Lautstärke, aber auch säuseln, die Seele sanft streicheln. Die langanhaltenden Töne, die eine Pfeifenorgel im Kirchenraum erzeugt, ergreifen die Zuhörer körperlich. "Ewig" nennt Andreas Schmidt den magischen Orgelklang, den viele Menschen seit Jahrhunderten lieben und der sie vor Faszination erbeben lässt. Der "Königin der Instrumente" widmen die Landesmusikräte in Deutschland nun ein "Jahr der Orgel": "Eine prima Idee", findet der 39-jährige promovierte Physiker aus Landau, der seit diesem Jahr offiziell neuer ehrenamtlicher Orgelbausachverständiger der pfälzischen Landeskirche ist.
Das Orgeljahr, sagt Schmidt, der bei einem Karlsruher Software-Unternehmen arbeitet, ist auch eine Chance für die Kirche. Wenn die komplexen Wunderwerke aus Pfeifen und Tasten in Kirchen gespielt werden, sei das nicht nur ein besonderes musikalisches Erlebnis. Der Orgelklang leite und trage bei Gottesdiensten den Gemeindegesang und erzeuge damit eine festliche Atmosphäre. Das "sinnliche Gottesdiensterlebnis" verbinde die Glaubensgemeinschaft und diene somit auch dem Gemeindeaufbau, sagt der gebürtige Ludwigshafener.
Junge Musiker:innen gesucht
Rund 550 Orgeln gibt es allein in evangelischen Kirchen in der Pfalz und Saarpfalz. Sie seien "ein großer Schatz", auf den sich die Protestantinnen und Protestanten besinnen sollten, appelliert Schmidt. Auch kirchenferne Menschen könnten über die Orgelmusik einen Weg in die Kirche finden oder zurückzufinden. Auch Schmidt ist als "aufgeklärter, rationaler Wissenschaftler" erst über die Musik zu seinem kirchlichen Engagement gekommen: Er machte eine Ausbildung zum C-Kirchenmusiker, ist Mitglied der Evangelischen Jugendkantorei der Pfalz und versieht regelmäßig den Orgeldienst in der Kirchengemeinde Zeiskam bei Landau, wo er auch den Kirchenchor leitet.
Wichtig ist ihm deshalb auch, junge Menschen durch kirchenmusikalische Angebote und Ausbildungen für das Mitmachen in der Kirche zu gewinnen. Eine Herausforderung sei es, junge Organisten zu finden, damit die Orgeln weiter bespielt werden können. Denn wenn sie verstummen oder nicht richtig gepflegt und gewartet werden, schwächeln sie. Durchschnittlich einmal in der Woche gibt Schmidt Kirchengemeinden Rat und Hilfe, wenn sich etwa Schimmelpilze in den Instrumenten breitmachen, die Elektrik streikt oder Reparaturen und Umbauten anstehen.
"Neuanschaffungen gibt es kaum", sagt Schmidt. Die Kosten für eine gute Pfeifenorgel liegen deutlich im sechsstelligen Bereich. Viel Mühe und Geld koste es die Kirchengemeinden, Orgeln zu erhalten - und manche denken deshalb über elektronische Alternativen nach. Von digitalen Orgeln indes ist Schmidt nicht wirklich begeistert: "Sie sind nur auf den ersten Blick kostengünstiger." Meist brächten sie nicht den erwarteten Raumklang, zusätzliche Investitionen etwa in Lautsprechersysteme machten digitale Orgelprojekte für die Gemeinden häufig recht teuer.
Orgeln haben auch zukünftig ihren sicheren Pfalz in der Kirche, ist Andreas Schmidt überzeugt. Auch zu modernerer geistlicher Musik wie Gospel passe der Orgelklang. Eine Kirche ohne Orgeln mag sich der Orgelbausachverständige indes nicht vorstellen. "Das ginge", sagt er zögerlich, "aber das wäre auf keinen Fall wünschenswert."