Das sagte Roth am Mittwoch in Frankfurt am Main beim Dritten Sportethischen Fachtag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Gewalt werde im Sport aber nur symbolisch zur Darstellung gebracht und durch Regeln beschränkt. Sie sei anders als die Gewalt im Alltag, die unauflöslich zur menschlichen Existenz gehöre.
Der digitale Fachtag mit dem Thema "Sport und Gewalt" wurde von der Evangelischen Akademie Frankfurt ausgerichtet und nahm insbesondere die sexualisierte Gewalt gegen Athletinnen und Athleten und die Gewalt im Fußball in den Blick. Die Wuppertaler Sportsoziologin Bettina Rulofs berichtete von den Ergebnissen des 2017 abgeschlossenen Forschungsprojekts "Safe Sport - Schutz von Kindern und Jugendlichen im organisierten Sport in Deutschland". Danach hätten rund ein Drittel von rund 1.800 befragten Kaderathletinnen und -athleten schon einmal sexualisierte Gewalt erlebt. Über körperliche Übergriffe hätten etwa 15 Prozent geklagt. Die Täter seien in der Regel Männer, und die Opfer fühlten sich oft so gedemütigt, dass sie nicht über das erlittene Leid reden wollten.
Prävention und Aufarbeitung stärken
Begünstigt würden die Taten durch ein besonderes Klima der Nähe und Vertrautheit an den Stützpunkten und in den Trainingsgruppen und das Gefühl bei den jungen Sportlern, zu einer Gruppe von "Ausgewählten" zu gehören. "Nur wenige Jugendliche kommen auf die Idee, den Täter anzuzeigen und dieses geschlossene System zu verlassen, auch weil sie ihren Sport sehr lieben", erläuterte Rulofs. Künftig brauche es Verbände, die sich wie etwa der Deutsche Turnerbund (DTB) und die Deutsche Reiterliche Vereinigung der Aufarbeitung stellten. Auch die Prävention müsse gestärkt werden.
Die Generalsekretärin des DTB, Michaela Röhrbein, lenkte den Fokus auf die psychische Gewalt im Hochleistungssport und insbesondere im Turnen. Durch die Aussage von 17 jungen Turnerinnen Ende vergangenen Jahres sei deutlich geworden, dass Trainer- und Trainerinnen mitunter mit Beleidigungen, Erniedrigungen, Kontrollen und Druck arbeiteten und dies bei ihren jungen Schützlingen zu Essstörungen, Selbstverletzungen und starken Traumatisierungen führen könne. Der Erfolg sei zwar ein wichtiges Ziel, dürfe aber nicht auf Kosten des Kindeswohls und der Persönlichkeitsentwicklung gehen, sagte Röhrbein.
Aggression auch gegen Schiedsrichter
Der Leipziger Kulturwissenschaftler und Fanforscher Alexander Leistner erinnerte daran, dass die Gewalt im Fußball in der Regel abseits des Platzes stattfinde und von den verschiedenen Fangruppen inszeniert werde. Als Problem bezeichnete er die rechtsextreme Hooliganszene. Der Frankfurter Journalist und Schiedsrichter-Coach Christoph Schröder beklagte, dass Schiedsrichter immer aggressiver angegangen würden. Die Hemmschwelle sei gesunken, die Qualität der Übergriffe habe deutlich zugenommen.
Der Sportbeauftragte der EKD, Kirchenpräsident Volker Jung, hatte in seiner Begrüßung der mehr als 100 Teilnehmer des Fachtags auch an die positiven Seiten des Sports erinnert, etwa an den Abbau von Aggressionen und die positiven gesundheitlichen Effekte. Gewaltsame Übergriffe wie zuletzt gegen einen Schiedsrichter im Landkreis Darmstadt-Dieburg, der noch am Boden liegend getreten wurde, gehörten zur "Schattenseite". Der Maßstab beim Umgang miteinander müsse die Menschenwürde sein.