Hannover, Loccum (epd). Die Bedürfnisse und Interessen von Menschen mit Behinderungen werden bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie nach Ansicht der Initiative Niedersächsischer Ethikrat nicht ausreichend bedacht. In einer Stellungnahme vom Mittwoch fordern die Ethiker eine deutlichere Differenzierung unter den betroffenen Menschen. Vor allem müssten sie stärker bei zukünftigen Corona-Maßnahmen beteiligt werden.
Problematisch sei zum Beispiel, wenn allein Ort und Art ihrer Unterbringung als Unterscheidungskriterium angeführt würden, um über Schutzmaßnahmen zu bestimmen. Personen mit Beeinträchtigungen, die allein wohnen oder in ambulanten Einrichtungen betreut werden, würden dadurch schon aus strukturellen Gründen weniger berücksichtigt. Dasselbe gelte für Eltern von Beeinträchtigten, die teilweise mit spürbaren materiellen Folgen die eigene Berufstätigkeit einschränken müssten, um ihre Kinder zu betreuen.
Die Initiative kritisiert außerdem, dass sich Menschen mit einer Behinderung im öffentlichen Pandemie-Diskurs als nicht gesehen und nicht geachtet erlebten. Wichtig sei, eine barrierefreie Kommunikation als Regel einzuführen. Gesetze, Anordnungen, Verordnungen und Erlasse, sollten so verfasst sein, dass die Menschen, die davon betroffen sein könnten, sie auch verstehen und sich damit auseinandersetzen könnten, fordert die Initiative."
Die Initiative Niedersächsischer Ethikrat ist ein unabhängiges Gremium von Expertinnen und Experten verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen und von zivilgesellschaftlichen Akteuren. Sie sieht ihre Aufgabe darin, aus ethischer Perspektive Fragen und Probleme aufzuzeigen, die sich aus den Folgen der Covid-19-Pandemie für Menschen ergeben. Geschäftsführende Organisationen sind die Ärztekammer, die Evangelische Akademie Loccum und das Forschungsinstitut für Philosophie in Hannover.