Halle (epd). In der Debatte um eine mögliche Regulierung der Sterbehilfe plädieren Rechtswissenschaftler aus Augsburg, München und Halle für eine gesetzliche Regelung, die über die Frage der Suizidassistenz hinausgeht. "Wir sollten uns die Zeit nehmen, das ganze Feld der Sterbehilfe regulatorisch abzustecken, anstatt schmalspurig zu fahren, um noch vor der Bundestagswahl eine Regelung hinzubekommen", sagte der Jura-Professor Henning Rosenau von der Universität Halle in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er ist einer von acht Autoren, die kürzlich einen eigenen Vorschlag in Form eines Gesetzentwurfs veröffentlicht haben.
Die Idee dafür reiche zwei Jahre zurück, sagte Rosenau. "Schon damals gab es die Debatte darum, ob der Paragraf 217, das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidassistenz, rechtmäßig ist", sagte er. Dabei sei deutlich geworden, "dass es für Beteiligte nicht die Rechtssicherheit gibt, die man eigentlich haben wollte".
Das Verbot der organisierten - sogenannten geschäftsmäßigen - Suizidassistenz wurde vor einem Jahr vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Nach seiner Ansicht schließt das Recht auf selbstbestimmtes Sterben das Recht ein, sich das Leben zu nehmen und dabei die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Damit scheiterte der Versuch der Politik, die Arbeit von Sterbehilfeorganisationen zu unterbinden.
Im Bundestag wird nun über eine mögliche Neuregelung debattiert. Zwei Gruppen von Abgeordneten legten kürzlich Entwürfe vor, die beide im Kern eine Beratung vorsehen sowie eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, um Ärzten zu erlauben, tödlich wirkende Medikamente zu verschreiben.
Bei der Suizidassistenz werden diese Mittel einem Sterbewilligen überlassen, aber nicht verabreicht. Dies wäre eine Tötung auf Verlangen, sogenannte aktive Sterbehilfe, die in Deutschland verboten ist. Rosenau und die anderen Rechtswissenschaftler plädieren in ihrem liberalen Entwurf allerdings für eine Aufweichung. "Aus rechtswissenschaftlicher Sicht gehört für eine in sich stimmige Regelung die aktive Sterbehilfe dazu", sagte der Medizinrechtler.
Die Frage sei, ob mit den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts zum selbstbestimmten Sterben das Verbot der aktiven Sterbehilfe noch zu rechtfertigen ist. "Wir meinen nein, zumindest nicht für bestimmte, ganz extreme Ausnahmen", erklärte Rosenau und nannte als Beispiel Menschen mit dem sogenannten Locked-in-Syndrom, einer vollständigen Lähmung des Körpers. Nach seinen Worten gibt es zwischen den Wissenschaftlern und Bundestagsabgeordneten erste Kontakte. Inhaltliche Gespräche seien verabredet.