Hamburg (epd). Gegen den verstorbenen Gründer des kirchlichen Hilfswerks "Kirche in Not", Pater Werenfried van Straaten, sind Missbrauchsvorwürfe bekanntgeworden. Nach Recherchen der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Donnerstag) soll van Straaten Anfang der 1970er Jahre versucht haben, eine damals 20-jährige Frau zu vergewaltigen. Das gehe aus internen Dokumenten des Vatikans hervor, die im Zusammenhang mit einer päpstlichen Untersuchung im Jahr 2010 entstanden seien, berichtet die Zeitung. Van Straaten gilt wegen seines umfassenden Engagements für Menschen in Not als katholische Ikone. Der gebürtige Niederländer starb bereits 2003.
In einem Briefwechsel, der "Christ & Welt" vorliegt, berichtet der päpstliche Gutachter an die vatikanische Kleruskongregation von den Vorwürfen gegen van Straaten. "Es handelt sich um einen Versuch der sexuellen Vergewaltigung, um Maßlosigkeiten in der Lebensführung, um erhebliche Defizite in der Personalführung sowie um Anfälligkeiten für faschistoide Ideen", heißt es darin. Laut der Zeitung hat "Kirche in Not" die Vorwürfe in einer Stellungnahme bestätigt. Dem Bericht zufolge soll auch der damalige Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, über die Vorwürfe informiert worden sein.
Wie "Christ & Welt" weiter berichtet, hatte sich die Frau im Jahr 2010 an "Kirche in Not" gerichtet, um zu verhindern, dass van Straaten seliggesprochen wird. Der Übergriff soll sich demnach im Jahr 1973 auf einer Reise nach Italien ereignet haben. Van Straaten sei damals 60 Jahre alt gewesen. Die Frau habe zu der Reisegruppe gehört, sie soll eine Mitarbeiterin gewesen sein.
Laut der Stellungnahme des Hilfswerks seien die Vorwürfe für glaubwürdig befunden worden sein, ihr seien 16.000 Euro in Anerkennung für erlittenes Leid gezahlt worden, meldet "Christ & Welt". Zuvor soll van Straaten der Familie der Frau in den Jahren 1996/97 eine Summe von etwa 20.000 Euro gezahlt haben, die Herkunft dieses Geldes sei bislang ungeklärt.